10/2020: Zukunft: Eine Frage der Perspektive (Hannoversche Volksbank)

Am 6. Oktober 2020 habe ich für die Privatkunden der Hannoverschen Volksbank einen Ausflug in die Zukunft gewagt. Oder eher Zukünfte? Ein bunter Themenmix aus Mobilität, Gesundheit, künstlicher Intelligenz und Gehirn-Implantaten erwartet Sie. Und ganz wichtig: Warum sind die unterschiedlichen Perspektiven auf Zukünfte so wichtig? Was kann uns dabei helfen, angesichts der erschreckenden Entwicklungen auf dem Planeten Zuversicht zu bewahren? Finden Sie es heraus in meinem Vortrag „Zukunft: Eine Frage der Perspektive“!

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Das Ende der Globalisierung?!

Im Juni habe ich mir ein Lesezeichen für eine Studie von Prognos AG und BayernLB gesetzt: "Das Ende der Globalisierung - braucht Deutschland ein neues Geschäftsmodell? Wie Unternehmen jetzt die Weichen richtig stellen". Diese ist meiner Meinung nach untergegangen, aber dafür gibt es natürlich gute Gründe. Nennen wir es das C-Argument. Da die Studie aber wirklich wichtig ist, möchte ich dazu meine Zukunftsforscher-Einschätzung teilen.

Kernaussage der Studie ist: Deutschland braucht ein neues Geschäftsmodell und das "Ende der Globalisierung" sei erreicht. In der Studie werden natürlich auch Wege aus dem Dilemma besprochen, die Lektüre empfehle ich nachdrücklich. Nun aber zu meiner pointierten Einschätzung.

Zustimmung: Deutsche Unternehmen verschlafen den Wandel

Unternehmen in Deutschland sind durchschnittlich zu konservativ, zu unambitioniert und neigen zu blinder Pfadabhängigkeit, wenn es um ihre langfristigen Strategien geht. Nach dem Motto "haben wir schon immer so gemacht!" konzentriert man sich hierzulande gern an den bestehenden Lieferantenbeziehungen und Absatzmärkten (sorry für die Plattitüde, das trifft sicherlich nicht auf alle zu - hier schreibe ich über die träge oder angsterstarrte Mehrheit). Diverse Studien und Dossiers attestieren und bemängeln, dass Digitalisierung in Deutschland nach wie vor auf Kosten der nationalen Wirtschaftsleistung und des BIP stiefmütterlich behandelt wird, vor allem zulasten des internationalen Wettbewerbs um die Vorherrschaft der digitalisierten Weltökonomie.

Ein Beispiel: Oft ist die Rede davon, dass wir bereits die zweite Halbzeit der Digitalisierung verloren hätten. Das klingt so, als wäre das Spiel bereits vorbei - das ist nicht ganz richtig. Es verdeutlicht aber anhand der klassischen Rasensportmetapher, dass "wir" nicht mehr gewinnen können. Diese Befürchtung teile ich, wenn man "normale" Rahmenbedingungen voraussetzt und die Gewinnbedingungen klar definiert. Aber: Wie wir alle wissen, sind diese aber im Jahr 1 nach Corona die Spielregeln andere als gewöhnlich, weshalb sich die wissenschaftliche Zukunftsforschung aktuell mit Prognosen zurückhält und primär (oft normative) Szenarien formuliert. Ebenso werden auch die Karten in puncto Digitalisierung neu gemischt. Insbesondere die ohnehin bereits vorreitenden Hightech-Konzerne nutzen die Ausnahmesituation, um ihre Produkte und Lösungen in noch mehr Märkte zu bringen und Steueroasen noch rücksichtsloser auszunutzen. Und an der Stelle wird deutlich, dass der Vorsprung dieser Giganten, die ich gern mit den beiden Akronymen G-MAFIA (Google/Alphabet, Microsoft, Apple, Facebook, IBM, Amazon) und BAT (Baidu, Alibaba, Tencent) abkürze, Globalisierung besser verstanden haben als etwa deutsche Unternehmen. Diese neun Unternehmen investierten bereits vor der Covid19-Krise teilweise mehr Geld in die Entwicklung Künstlicher Intelligenz als die Bundesrepublik Deutschland; glauben wir dem Mooreschen Gesetz der exponentiellen Effizienzsteigerung der IT, verdoppelt sich der Vorsprung der Maschinen (und hier sehe ich auch KI-Algorithmen und deren Leistung) etwa alle zwei Jahre. Das bedeutet, dass sich der Vorsprung des internationalen Wettbewerbs ebenfalls exponentiell vergrößert, je länger Unternehmen hierzulande warten.

Also: Höchste Zeit für Veränderung!

Ablehnung: Globalisierung hat gerade erst begonnen!

Der Titel der Prognos-Bayern LB-Studie "Das Ende der Globalisierung" erinnert sicherlich nicht durch Zufall an das Buch von Francis Fukuyama "Das Ende der Geschichte", das nach dem Zusammenbruch der UdSSR herauskam und den Sieg des Kapitalismus über den Kommunismus proklamierte. Danach kam alles anders, wie wir wissen, und die Geschichte war natürlich nicht zu Ende. Auch nicht die Auseinandersetzung konfligierender Wirtschaftsordnungen. Ebenso wenig ist das Ende der Globalisierung erreicht (selbstverständlich ist das auch nicht die einzige Aussage der hier behandelten Studie).

Erstens sollte die Kernaussage der Studie vielmehr sein, dass die klassischen Absatzmärkte und Erlösströme insbesondere für die deutsche Wirtschaft deutliche Anzeichen einer Sättigung zeigen. Hinzu kommt, dass der Anteil intangibler Produkte (Lösungen, Dienstleistungen und digitale Geschäftsmodelle) ungebremst ansteigt. Und, was der deutschen Erfinderseele Kopfzerbrechen bereitet: die wertvollsten Geschäftsmodelle der letzten Jahrzehnte wurden allesamt außerhalb Deutschlands entwickelt und höchstens hier kopiert. Einige behaupten sogar provokant, dass seit der Entwicklung des Automobils keine größere, wertvolle Erfindung mehr aus Deutschland kam. Kennen Sie ein Gegenbeispiel?

Zweitens ist die Globalisierung natürlich nicht am Ende. Auch wenn dies der Titel lediglich suggerieren soll und der Volltext der Studie besser aufklärt, möchte ich hier vehement widersprechen. Nur weil die klassischen Absatzmärkte der "Ersten Welt" gesättigt sind und die deutschen Produkte keinen Anklang mehr finden, heißt das noch lange nicht, dass die Nachfrage weltweit gedeckt ist. Aufstrebende Ökonomien (insb. Indien, Irak, Philippinen, Vietnam und Ägypten) verzeichnen einen stark steigenden Bedarf an Produkten und Lösungen der zweiten und dritten Industrie-Zeitalter. Einige von ihnen wiederum haben den Begriff Leapfrogging bzw. Reverse Engineering geprägt: Zwischenschritte der technologischen Entwicklung werden schlicht übersprungen. So verfügen einige afrikanische und südostasiatische Staaten kaum über klassische Überland-Telefonverbindungen, Einwohner*innen können jedoch über Handys und Smartphones aufs mobile Netz zugreifen. Außerdem ist die Globalisierung der Wirtschaft nach klassischer Lesart noch lange nicht beendet, man muss sich nur die Entwicklung von IoT- (Internet der Dinge) und Smart City-Lösungen ansehen. Schade, dass auch hier nur wenige deutsche Unternehmen in der ersten Reihe tanzen.

Drittens würde ich weniger vom Ende der Globalisierung als vom Ende des Kapitalismus in seiner jetzigen Form sprechen. Kapitalismus zeichnet sich dadurch aus, dass er sich durch Krisen eher mithilfe von "Mutationen" an die neuen Gegebenheiten anpasst. Er ist sozusagen agiler als kommunistische oder sozialistische Modelle, die bislang an der Realität gescheitert sind. Was wir jetzt nicht brauchen, ist ein Erstarken der kommunistischen Idee - immerhin stammt diese aus der Zeit vor der Globalisierung, welche wir aber nicht mehr zurückdrehen können und daher mit dem alten Welt-Entwurf eher in die vorindustrielle Zeit zurückkatapultiert wären. Die Idee mag vereinzelt Zuspruch finden, dürfte aber weit mehr Existenzen gefährden als absichern. Was wir brauchen, ist ein globaler Dialog über eine neue Form des Kapitalismus, oft Postkapitalismus oder postmoderner Kapitalismus genannt. Dazu gehören neue Formen einer Regulierung von internationalen Monopolen, (strafrechtliche) Verfolgung von digitalen Verbrechen, Fake news oder Hatespeech und natürlich eine Bepreisung negativer ökologischer Fußabdrücke.

Ergänzung: Exnovation und echte Weltpolitik

Alle Welt bemängelt immer einen niedrigen Innovationsgrad von Unternehmen oder Volkswirtschaften. Dass eine zentrale Herausforderung der Menschheit genau das Gegenteil verlangt, wird dabei fast immer übersehen. Ich rede von Exnovation (darüber habe ich in meinem Zlog schon mal aufgeklärt). Exnovation heißt, sich von unnötigen Altlasten und vergangenen Innovationen zu verabschieden, wenn diese ihren Zweck nicht mehr erfüllen. Es ist die bewusste Entfernung schädlicher Lösungen. Dazu gehören einige etablierte, (noch) sehr umsatzstarke Wirtschaftszweige wie die karbonisierte Energie- und Mineralölwirtschaft, die mittelbaren Massenbranchen wie die Automobil- und Luftfahrtindustrie und natürlich althergebrachte Organisationsmodelle, die zu Zeiten der ersten industriellen Revolution entwickelt wurden und vom ungelernten Fließbandarbeiter als Norm ausgingen (auch über New Work habe ich schon mal gezloggt). Die heutige Realität - und ich meine noch nicht einmal das "neue Normal" mit Covid19 - unterscheidet sich fundamental von derjenigen, die diese und weitere Innovationen hervorgebracht hat. Insbesondere "Klimawandelbeschleuniger" und Effizienzbremsen müssen jedoch so schnell wie möglich unter Einhaltung gesellschaftlicher und ökologischer Standards durch neue Lösungen ersetzt werden. Das ist die größte Herausforderung der Menschheit - nicht, wie das neue Geschäftsmodell Deutschlands aussehen soll.

Die neue Realität verlangt globale Lösungen und weniger Denken in Grenzen - sowohl politisch als auch im übertragenen Sinne ökonomisch. Also think outside the box. Alles andere wäre per definitionem Wahnsinn.

Wie?

Mehr Mut zur Veränderung und für neue Organisationsformen bei gleichzeitig verantwortungsbewusstem Umgang mit den Angestellten und der Ökologie. Ist doch ganz einfach.

Ich frage mich immer, warum so wenige Entscheider*innen hierin die win-win-Situation sehen, die so offensichtlich zu sein scheint. Systemgrenzen sind so furchtbar rigide. Die klassische "Taktik des Abwartens" ist jedenfalls eine gefährliche Karte, auf die ich nicht setzen würde.

Es wird Zeit, eine integrative, inklusive und handlungsfähige Weltpolitik und -wirtschaft zum Wohl aller Menschen zu begründen, wenn wir unseren Kindern und Enkeln einen lebenswerten Planeten hinterlassen wollen (s. auch Stichwort Tianxia). Was wir dafür brauchen? Das kann kein Mensch genau sagen. Es würde aber helfen, sich einem bewusst zu werden und dieses Bewusstsein ideell und institutionell zu verankern: jeder Mensch ist wichtig und einzigartig, unsere biologischen Grundbedürfnisse jedoch sind überall gleich - die Erfüllung dieser Bedürfnisse überall sicherzustellen, die Millennium Goals weltweit schnellstmöglich zu erreichen und Schicksale nicht in Geld umzurechnen, ist eine wichtige Bedingung, um aus dem "Ende der Globalisierung" kein "Ende der Menschheit" zu machen.

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Quantencomputer: Was, wann, wie und warum?

Sprechen wir über Quantencomputer. Wenn ich das Thema bei meinen Keynotes aufwerfe, ernte ich in der Regel verständnislose, mäßig begeisterte Blicke. "Klingt nach Magie", oder: "Bis das kommt, bin ich Rentner*in!", so die Sprüche danach. Nun sind QC in den Massenmedien angekommen, also schauen wir doch mal, was sie können (werden).

Quantencomputer sind also endlich in den Massenmedien angekommen. Warum ist die Quantenüberlegenheit (quantum supremacy) wichtig für Sie? Weil sie das Spektrum der erlaubten Fragen (und der potentiell möglichen Lösungen) erheblich erweitert! Dieser Beitrag soll das Verständnis für Quantencomputer weitertragen - und er stellt keinen Anspruch an Vollständigkeit oder technische Tiefgründigkeit, sondern richtet sich an Einsteiger. Legen wir los!

Kurzer Rückblick

Quantencomputer basieren auf der Physik der kleinsten Teilchen unseres Universum, den Quanten. Als theoretische Begründer dieser divergierenden Auffassung der "Physik von allem" gelten in erster Linie die in den 1900-30er wirkenden Physiker Max Planck, Werner Heisenberg, Max Born, Pascual Jordan und Erwin Schrödinger (bekannt durch das Gedankenexperiment "Schrödingers's Katze"). Kurios, aber inzwischen durch die Experimentalphysik nachgewiesen: Quanten lassen sich zu keinem Zeitpunkt eindeutig in ihrem aktuellen Aufenthaltsort bestimmen. Sobald Forscher ein Quantenteilchen also beobachten, lässt sich dessen genaue Position nicht mehr eindeutig nennen. Darüber hinaus  treibt  die  Quantenmechanik das Ganze auf die Spitze, da sie die Theorien (Unschärferelation, Teilchenverschränkung, deterministische Zeitentwicklung uvm.) längst messbar macht. Kurz gesagt. Alles, was wir aus unserem Erfahrungshorizont für gegeben angenommen haben, steht plötzlich infrage. Materie ist nicht mehr fest, Teilchen haben zwei Zustände gleichzeitig und vieles mehr.

Es dauerte nicht lang, bis die aufkommende Informatik das Thema aufgriff. Deren Grundlage beruht ja bekannterweise auf der Festkörperphysik und dem Ein- und Ausschalten von Transformatoren, um binäre Zustände darzustellen. Schnelle Computer zeichnen sich dadurch aus, dass sie mit ihren Bits sehr oft zwischen 0 und 1 umschalten können. Durchschnittliche Smartphones können diesen Umschalteffekt heute ungefähr 100.000 mal schneller darstellen als der NASA-Computer der Apollo 11 Mission, der vor 50 Jahren Menschen auf den Mond gebracht hat. Würde man einen Turm aus allen aktiv genutzten iPhones weltweit bauen, käme man immerhin fast bis zur Hälfte zum Mond. Das wäre noch eine sinnvollere Verwendung der Geräte als Katzenvideos und Pornos zu streamen.

An- und Ausschalten ist der Quanteninformatik aber natürlich viel zu wenig. Wenn Quantenteilchen mehrere Zustände gleichzeitig einnehmen, müsste man das doch auch für Rechenmaschinen nutzen können. Und so gebar die Idee der Qubits (statt Bits). Qubits können theoretisch jeden sowohl 0 als auch 1 darstellen, um es einfach herunterzubrechen. Gleichzeitig steigt die Rechenleistung der Quantenprozessoren nicht nur linear mit der Anzahl der Qubits, sondern exponentiell. Heißt: Ein Quantencomputer mit 3 Qubits hat doppelt so viel Rechenleistung wie einer mit 2 Qubits. Einer mit 4 Qubits hat bereits 2*2*2 Rechenleistung. Und um das Spielchen noch komplexer zu machen, sind inzwischen auch Qutrits gelungen: ein Qutrit kann sogar drei Zustände gleichzeitig annehmen.

Warum ist das JETZT wichtig?

Kürzlich verkündete Google - erst durch einen Leak, nun auch offiziell - die Quantenüberlegenheit. Verantwortlich dafür ist Google's Quantenprozessor Sycamore, der 54 Qubits hat (bzw. 53, einer ist leider durchgebrannt). Er schlug kürzlich den schnellsten Computer der Welt in einer sehr spezifischen Aufgabe, der Errechnung tatsächlicher Zufallszahlen, um Längen. Dieser "herkömmliche" Supercomputer heißt IBM Summit und kann 122 Billiarden Mal pro Sekunde 0en und 1en ein- und ausschalten. Er benötigt (rein rechnerisch) für das Lösen der Aufgabe rund 10.000 Jahre, Sycamore 200 Sekunden.

Ja, richtig, IBM bestreitet die Überlegenheit - immerhin will IBM das Quantum Rennen gewinnen. Ja, natürlich kann dieser Quantencomputer (noch) nicht die Menschheit retten. Doch genauso funktioniert Innovation:

"So oft eine neue überraschende Erkenntnis durch die Wissenschaft gewonnen wird, ist das erste Wort der Philister: es sei nicht wahr; das zweite: es sei gegen die Religion; und das dritte: so etwas habe Jedermann schon lange vorher gewußt." (Wilhelm Raabe, 1864)*

Heißt im Klartext - und dann endet dieses lange Intro endlich: Es ist an der Zeit, sich mit der Zukunft zu befassen. Sie wird schneller zur Realität als Sie denken.

Einleitung, zweiter Anlauf

Quantencomputer beschäftigen Zukunftsforscher schon seit einigen Jahrzehnten. Sie gehörten jedoch lange Zeit zu den weit entfernten utopischen Technologien, deren Durchbruch schon mehrmals "kurz bevor" stand. Doch nun nimmt die Entwicklung endlich Fahrt auf - und die Pioniere auf dem Gebiet präsentieren immer mehr realistische Anwendungen. Schauen wir uns doch mal ein paar an, bevor wir die Perspektive Richtung Zukunftsapplikationen wenden.

Vor drei Jahren hat eines der weltweit führenden Unternehmen in der Entwicklung von Quantencomputern, D-Wave Systems Inc., einen medienwirksamen use case präsentiert. In Kooperation mit Volkswagen AG haben die Entwickler den Verkehr der jeweils nächsten 20 Minuten zwischen dem Flughafen Peking und der Innenstadt der Millionenmetropole prognostiziert. Für die Auswertung der Datenpunkte (mehrere Millionen pro Sekunde) benötigte der Quantencomputer nur wenige Sekunden, ein extrem schneller, herkömmlicher Rechner brauchte über 20 Minuten. Die Navigationssysteme der Taxifahrer wurden entsprechend informiert und die Taxis umgeleitet - mit messbaren Folgen für den Verkehr.

Fun Fact: 2017 traf ich Robert "Bo" Ewald, den Präsidenten der Firma, beim 2b AHEAD Zukunftskongress und sprach mit ihm über die Implikationen der Technologie. Einer dieser Momente, wenn sich ein Zukunftsforscher zusammenreißen muss, um nicht zu euphorisch zu werden. Er, ein offensichtlich strahlender Pionier der Entwicklung, prognostizierte: Die Quantenüberlegenheit, also der Moment, wenn ein Quantencomputer auch den schnellsten Computer der Welt deutlich schlagen würde, sei Anfang der 2020er Jahre greifbar. Und nun, im Oktober 2019, wurde sie erreicht (s.o.)! Selbst die Prognosen optimistischer Technologen werden derzeit also offenbar durch die Realität überholt. Wow!

Abseits der Euphorie stellt niemand wirklich infrage, OB Quantencomputer technologisch realisierbar sind - es ist nur eine Frage der Zeit, WANN sie ihr volles Potential entfalten werden. Wenn Sie mich fragen: innerhalb des kommenden Jahrzehnts. Sollten wir uns also heute schon darauf vorbereiten? Na gut, die Frage war suggestiv, also lassen Sie uns über die oben versprochenen, neuen Fragen sprechen, die wir stellen dürfen, wenn Rechenleistung keine Limitierung mehr darstellt.

Grundsätzlich

Die klassische Grundlagenforschung, die natürlich seit Jahrzehnten Computer einsetzt, nutzt trial & error als Hauptprinzip – als Sozialwissenschaftler erlaube ich mir mal so eine stümperhafte, alles andere als despektierlich gemeinte Simplifikation. Man muss also tatsächlich in langen Versuchsreihen probieren, was geht und was nicht. Einige Verbesserungen, neue Entdeckungen und Erfindungen entstehen durch hypothetisches Vorgehen, einige entstehen durch Zufälle. Sobald Quantencomputer ihr Potential für die Forschung entfalten, erwarten Zukunftsforscher Durchbrüche auf diversen Gebieten, auf denen sehr, sehr viele Kombinationsmöglichkeiten zum Beispiel auf molekularer Ebene denkbar sind. Besonders die Algorithmen künstlicher Intelligenz, insbesondere Machine Learning, werden wohl ihr Potential erst richtig ausnutzen, wenn Quantencomputer zur Durchführung der komplexen Rechenoperationen zur Verfügung stehen.

Schauen wir uns die großen, ungelösten Probleme an…

Gesundheit

Millionen Menschen sterben jedes Jahr infolge von genetisch veranlagten Dysfunktionen. Das nennt die moderne Medizin zwar nicht so, sondern hat hochtrabende Bezeichnungen für Symptom-Erkrankungen gefunden. Tatsächlich erklärt die (Epi-)Genetik jedoch einen großen Teil der Volkskrankheiten von Krebs über Diabetes bis zu Herz-Kreislauf-Krankheiten. Bereits heutige Systeme maschinellen Lernens erkennen aufgrund von Zusammenhängen Krankheiten, die der beste menschliche Mediziner nicht sehen würde.

Tauchen wir ein in die Molekularbiologie, wo Millionen Zellen, Milliarden Neuronen, Billionen Erbgutinformationen biologische Wesen zu dem machen, was sie sind. "Ein Wunder!", denkt der menschliche Verstand. "Spannende Mechanik!", denkt Leonardo da Vinci und beschreibt den vitruvianischen Menschen. "Eine lösbare Rechenaufgabe!", denkt der Quantencomputer.

Der "Heureka"-Moment der zeitgenössischen Medizin wird die Entwicklung individueller Arzneimittel sein für Krankheiten, die noch gar nicht ausgebrochen sind. Durch die Rechenleistung der Quanten in Kombination mit fortgeschrittenen Messinstrumenten (darunter Genomsequenzierung, lab-on-a-chip etc.) wird es noch im nächsten Jahrzehnt möglich werden, den aktuellen und kommenden Gesundheitszustand eines Lebewesens 1. präzise zu bestimmen und 2. das passende Mittel zur (präventiven) Heilung jeglicher Dysfunktion (Krankheit) zu entwickeln. Seit 2012 ist bekannt, dass Quantencomputer das Verhalten von Proteinen und Molekülen berechnen und prognostizieren können; die langjährigen Versuchsreihen der Pharmaunternehmen und Zertifizierungszeiten der Behörden werden dann bald der Vergangenheit angehören.

Was bedeutet das praktisch?

Vielleicht kennen Sie das Szenario aus meinen Keynotes: Eines Tages stehen Sie früh auf, laufen ins Badezimmer und ein Smart Mirror (oder Ihr Smartphone, die Küche oder ein Sprachassistent wie Alexa, Siri oder Bixby) begrüßen Sie im neuen Tag mit folgenden Worten: „Guten Morgen, toll sehen Sie heute aus! Allerdings sind Sie zu 17 Prozent krank, was eine signifikante Verschlechterung zur Vergangenheit bedeutet. Ihr individuelles Arzneimittel wird gerade in Ihrer Stammapotheke zubereitet und ist in 42 Minuten bei Ihnen. Möchten Sie die Ursache für Ihren Gesundheitszustand erfahren?“ Möglicherweise mischt übrigens nicht eine Apotheke Ihr Gesundheitsprodukt, sondern eine Drogerie, Ihr „Kühlschrank“ oder jeder beliebige andere Anbieter, dem Sie Ihre Daten anvertraut haben. Es kann jedoch gut sein, dass diese Verheißung (zunächst) nur einer sehr kleinen Menschengruppe vorbehalten bleibt, darüber müssen wir uns jetzt aber nicht unterhalten.

Für Versicherer bedeutet das: Sie werden den Gesundheitszustand ihrer Kunden unheimlich präzise errechnen können. Erst auf dieser Datengrundlage wird es möglich sein, echte Prävention zu betreiben. Das bedeutet in Zukunft nicht mehr Subvention ergonomischer Büromöbel, wenn der Rücken schon schmerzt, sondern Verhinderung von Krankheiten, lange bevor sie ausbrechen. Rechnen Sie gern allein durch, was das für die Aufwendungen kurativer Maßnahmen bedeuten kann.

Energie

Quantencomputer arbeiten auf der Grundlage der kleinsten bekannten Teilchen im Universum, den Quanten. Je komplexer ein Organismus, desto schwieriger ist es, dessen Quantenzustand zu messen. Für Energie, besonders Elektrizität, ist das weniger kompliziert. Elektrizität lässt sich bereits heute beamen, d.h. in (fast) Echtzeit von einem Ort zum andern transferieren. Heutige Netzbetreiber freuen sich weniger über die Entwicklung, dass potentiell Energie von einem Erzeuger zu jedem beliebigen Empfänger übertragen werden kann. Doch das ist die, zugegebenermaßen, ferne Zukunft.

Sehr viel früher erwarte ich einen Durchbruch im Bereich der Energiespeicherung. Energieversorger, Netzbetreiber und Mobilitätsunternehmen weltweit sind auf der Suche nach dem heiligen Gral der effizienten Speicherung von Elektrizität. Herkömmliche Lithium-Ionen-Akkus basieren auf klassischen elektrochemischen Prinzipien, eine Gruppe von Forschern der Universitäten Alberta und Toronto haben kürzlich die technische Machbarkeit von Akkus demonstriert, die auf den Gesetzen der Quantenmechanik basieren – immerhin theoretisch – und während der Speicherung keine Energie verliert (Quelle: https://phys.org/news/2019-10-blueprint-quantum-battery-doesnt.html / Primärquelle: https://dx.doi.org/10.1021/acs.jpcc.9b06373). Kombiniert man diesen Fortschritt mit dem Wunderelement Graphen, könnte auch die Kapazität der Energiespeicher im bevorstehenden Jahrzehnt endlich den rapide steigenden Bedarf in diversen Wirtschaftssektoren erfüllen.

Was bedeutet das praktisch?

Um einen Faktor zu nennen: ein Lithium-Ionen-Fahrzeugakku dürfte sich bis 2030 um die fünffache Potenz verbessern. Ausgehend vom Klassenbesten (Tesla Model S) bedeutet das eine Reichweite von bis zu 16.000 Kilometer Reichweite pro Ladung. Batterie-Akku-Fahrzeuge haben war ein berechtigtes Imageproblem, das liegt aber vor allem an der heutigen Reichweite, die noch nicht mit Verbrennern mithalten kann. Das wird sich sehr bald ändern.

Verkehrsorganisation

Bereits die ersten Quantencomputer-Prototypen von D-Wave haben in einem werbewirksamen Experiment ihre Stärke ausgespielt (s.o.). Ein ähnliches Projekt wurde 2018 in Barcelona von denselben beiden Unternehmen demonstriert. Nun ging es nicht mehr nur darum, den Verkehrsfluss vorherzusagen, sondern auch daraufhin die Verfügbarkeit von Taxis auf den erwarteten Bedarf abzustimmen – mit Erfolg. Darüber hinaus sei das Projekt skalierbar, das heißt in dem Fall: in jeder beliebigen anderen Stadt einsetzbar.

Was bedeutet das für den Verkehr in Zukunft?

Personenverkehr

In Metropolen und Metropolregionen herrscht mindestens zweimal täglich Verkehrschaos. Gleichzeitig gibt es aktuell wenig Grund zur Annahme, dass sich der Trend zur weiteren Urbanisierung schlagartig umkehren sollte. Es wird also noch voller, es kommen noch mehr Carsharing-Angebote, die bald auch autonom unterwegs sind – in Summe also noch verstopftere Straßen. Die gängigsten Navigationssysteme und -Apps errechnen nicht bloß eine Route von A nach B, sondern senden bereits heute Informationen über die Geschwindigkeit der Nutzer ans Rechenzentrum. Deshalb wissen die Maps und Kartendienste der Welt deutlich früher als Radiosender oder Polizei von Staus und stockendem Verkehr. Natürlich nutzen Pendler, die seit Jahren dieselbe Strecke fahren, kein Navi. Vielleicht wäre es dennoch eine gute Idee, denn die heutige Route ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auch alternativ fahrbar, wenn mein Navi nicht nur den Echtzeit-, sondern auch den Zukunfts-Verkehr kennt und bessere Routen vorschlägt.

Warenverkehr

Warenlogistik orientiert sich an einer Art Kaskadeneffekt. Ein Beispiel: Ein voll beladenes Containerschiff läuft in den Hamburger Hafen ein. Jeder Container wird früher oder später auf einen Lkw oder einen Güterzug geladen und zum nächsten Logistik-Verteiler-Zentrum gebracht. Dort werden die Inhalte des Containers aufgeteilt auf neue Fahrzeuge und früher oder später ist man beim einzelnen Bestandteil angekommen, der in einer Maschine verarbeitet oder vom DHL-Boten zum Endkunden gebracht wird. Allein der Folgeverkehr eines Containerschiffs an Land ist der Wahnsinn, all die gefahrenen Kilometer, Arbeitsstunden, Emissionen. Bisher hatten wir aber auch schlicht keine bessere Lösung. Die Zukunft gehört perfekt effizienter Routenplanung und end-to-end-Lieferungen mit autonomen, emissionsarmen Fahr- und Flugzeugen.

Internet

Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Menschheit noch gar nicht reif genug ist für das Internet (s.o.). Viel zu mächtig erscheint die Grundlagentechnologie, jeden Ort der Welt plötzlich miteinander verbinden zu können – und unsere herkömmlichen Systeme (Sicherheit, Bildung, Kommunikationsgepflogenheiten) sind schlicht zu langsam dafür. Wie dem auch sei, viele Orte sind immer noch schlecht angebunden an vertretbar schnelles Internet, von Glasfaser und 5G ganz zu schweigen.

Quantencomputer bringen gleich zwei potentielle Anwendungsfälle mit.

  1. Erstens ist einer der Gründe, warum mobiles Internet teilweise großen Schwankungen unterliegt, dass die Position der Kommunikationssatelliten nicht immer perfekt für die internetfähigen Geräte ist. Das Unternehmen Booz Allen Hamilton arbeitet gerade an einer Lösung der „Routenplanung“ von Satelliten, um die Anzahl der schwarzen Löcher zu minimieren. Allein die Optimierung der "Routenplanung" der Satelliten erhöht die Abdeckung um ein Vielfaches, um stets dort Internet verfügbar zu machen, wo es benötigt werden wird.
  2. Zweitens können wir uns den schwerfälligen Ausbau der Infrastruktur auf der Erde auch gleich sparen, denn das Quanteninternet / Quantennetzwerk steckt in den Startlöchern. Glasfaser-Internet sendet die Kommunikationssignale mit nahezu Lichtgeschwindigkeit. Das ist schon ganz schön schnell, dennoch muss die Information eine gewisse Strecke zurücklegen und verliert dabei Zeit. Je weiter ein Empfängergerät, beispielsweise Ihr Smartphone, von einem Sender entfernt ist, zum Beispiel einem Rechenzentrum, das diesen Artikel beherbergt, desto länger dauert’s – klingt trivial, ist es auch. Durch den Effekt der Quantenverschränkung kann die Eigenschaft physikalischer Gesetze Reisedauer = Geschwindigkeit x Entfernung ausgehebelt werden und eine Simultanübertragung gewährleistet werden.

Praktisch heißt das: ob ich eine Information in einer direkten Verbindung zwischen zwei Geräten 10 Zentimeter oder 10 Mal um die Erde senden möchte, ändert nichts an der Dauer, Quantum sei Dank! Und dass das Internet bzw. dessen Verfügbarkeit schon in den letzten 30 Jahren zu einer Neudefinition der Menschheit geführt hat, muss ich wohl nicht ausführen.

Digitale Sicherheit

Klassische Verschlüsselungslogiken sind extrem fehleranfällig – nicht, weil Passwörter leicht geknackt oder gehackt werden können, sondern weil Menschen faul und ein Sicherheitsrisiko für Datensysteme sind. Ganz ehrlich, wann haben Sie das letzte Mal das Passwort Ihres privaten E-Mail-Kontos, Ihres Heim-WLAN oder die Kombination für Ihr Smartphone geändert? Und dann noch die Mär mit biometrischen Verschlüsselungsverfahren. Jedes symmetrische Verschlüsselungssystem ist in dem Moment entschlüsselbar, in dem die Information auch auf einem noch so gut geschützten Server mit Internetverbindung hinterlegt wird.

Während dann aber komplexe Verschlüsselungsverfahren gegenüber heutigen Supercomputern „recht sicher“ sind, könnten Quantencomputer problemlos unendlich viele Kombinationsmöglichkeiten simulieren und selbst die komplexeste, symmetrische Verschlüsselung knacken. Neuartige Verfahren werden bereits heute eingesetzt, die erstens asymmetrisch funktionieren – das heißt, es gibt immer einen öffentlichen und einen privaten „Schlüssel“ pro Benutzer. Kryptowährungen wie Bitcoin basieren auf diesem Prinzip: jeder Nutzer hat einen öffentlichen Schlüssel, quasi eine Art Kontonummer, bei einer Transaktion wird jedoch ein privater Schlüssel für Sender und Empfänger erzeugt, die nur diese beiden Parteien erhalten. Zweitens wird wohl einer der ersten kommerziellen Einsatzbereiche von Quantencomputern die Quantenkryptographie sein. Kurz gesagt: aus heutiger Sicht gibt es keine praktizierte Verschlüsselungstechnologie, die unmöglich zu hacken ist. Quantenkryptographie verspricht – wie gesagt, aus heutiger Sicht – die Generierung so unvorstellbar komplexer Verschlüsselungsverfahren, dass diese durch kein absehbares System gehackt werden können.

Finanzwesen

Die größten Börsen und Banken der Welt geben Unsummen für den Betrieb gigantischer Rechenzentren aus, die auf Basis herkömmlicher Computer permanent Finanzmarktmodelle, Portfoliooptimierung und Risikoabschätzungen für Investoren, Kunden, Regierungen etc. zu kalkulieren. Komplexe Modelle erfordern unheimlich viel Rechenleistung; Quantencomputer könnten bestimmte Arten von Berechnungen mit deutlich weniger Energiebedarf und folglich weniger Kosten durchführen. Ja, das bedeutet leider auch, dass viele Bankangestellte ihren Job verlieren werden - besonders, wenn der Zugriff auf Quantencomputer schlagartig umgesetzt wird, wovon auszugehen ist.

Die mittelfristige Zukunft gehört dem komplett automatisierten Handel. Selbst wenn Sie selbst keine Ahnung von Spekulation haben, werden Sie einen virtuellen Bot ins Rennen schicken, der für Sie immer zum richtigen Zeitpunkt das Portfolio aktualisiert, kauft, verkauft, etc. Bitte bringen Sie ihm beizeiten Werte und anständiges Verhalten bei.

Foresight allgemein

Die Zukunft vorherzusagen ist unmöglich. Wirklich? Um ehrlich zu sein, wäre es als Zukunftsforscher ganz schön dämlich, diese Aussage einfach so stehen zu lassen. Natürlich können wir gewisse Dinge prognostizieren, wenn wir nur ausreichend gute Modelle und vor allem ein Verständnis für (unheimlich komplexe, chaotische, entropische, sich wechselseitig beeinflussende) Systeme entwickeln, Muster erkennen, Entwicklungen bewerten und zu einem zutreffenden Maß extrapolieren. Viele Branchen sind dennoch auf die Simulation komplexer Daten angewiesen, allen voran die Finanz- und Energiebranche, Maschinenbau und sämtliche Ingenieursbereiche.

Bereits heutige Verfahren wie die Monte-Carlo-Simulation wenden statistische Verfahren an, um schwer oder unmöglich berechenbare Probleme, wie etwa Zerfallsprozesse im Bereich der Kernfusion oder die Berechnung aller Nachkommastellen von Pi, mit Behelfslösungen doch nutzen zu können. Diese Formen der unmöglichen Berechnungen wird es dank Computern nicht mehr geben; ich als Zukunftsforscher fände es natürlich schade, wenn ein Quantencomputer nicht bloß Pi, sondern auch die Entwicklung einer Branche mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit unter den gegebenen Variablen vorhersagen könnte. Dennoch bin ich überzeugt, dass es nur eine Frage der Datengrundlage ist, die groben Rahmenbedingungen der Zukunft zu errechnen. Es wäre auch ziemlich arrogant anzunehmen, dass die Gehirne von Zukunftsforschern schneller oder besser kombinieren können als ein Quantencomputerchip mit genügend Qubits und exponentieller Rechenleistung…

Umwelt

Ich bin fatalistisch davon überzeugt, dass weder Politik noch Gesellschaft in naher Zukunft ernsthaft einen Wandel im umweltschädlichen Verhalten herbeiführen können. Wir wissen ja längst, dass das Verbrennen fossiler Ressourcen und die massenhafte Tierhaltung schlecht fürs Klima sind, doch haben wir uns an die Annehmlichkeiten im Lebensstil so sehr gewöhnt, dass eine andere Lösung als die Änderung der eigenen Gewohnheiten und die scheinbare Senkung des Lebensstandards herhalten muss.

Stattdessen wächst eben der Anteil der „Technik-Jünger“, die für unsere Klimakrise auf die technologische Lösung hoffen. Meiner Ansicht nach sind alle Technologien längst entwickelt worden, um die Emissionen zu verringern und das bestehende Ungleichgewicht im Treibhauseffekt teilweise zu korrigieren. Dabei muss es auch nicht immer Hightech, sondern kann auch das Pflanzen von Bäumen sein, um CO2 zu binden. Oder man denkt größer und extrahiert CO2 aus der Atmosphäre, spaltet es in aufwendigen chemischen Prozessen in Kohlen- und Sauerstoff und verwertet mindestens den Kohlenstoff weiter. Bedarf haben wir genug. Beispielsweise für e-fuels, also synthetische Kraftstoffe, die in herkömmlichen Verbrennungsmotoren funktionieren. Diese Lösungen haben wir mit herkömmlichen Forschungsprozessen entwickelt; sobald Quantencomputer zum Standard in Laboren und Forschungszentren werden, sind chemische Reaktionen plötzlich simulierbar, völlig neuartige Kombinationsmöglichkeiten denkbar. Wir würden noch besser verstehen, welche Zusammenhänge konkret das Klima beeinflussen – und welche wir wo unterbinden sollten.

Menschheit (anstelle eines Fazit)

Und spätestens an diesem Punkt der Liste komme ich zu dem Schluss, dass die beste Technologie nichts nützt, wenn die sozialen Systeme nicht mitspielen. Das aktuelle Design ebendieser ist nur leider nicht für (bald) 10 Milliarden Menschen und komplexe Herausforderungen wie den Klimawandel, Epidemien oder die gerechte Verteilung von Lebensmitteln und Ressourcen ausgelegt.

Wir benötigen also beides, um die Menschheit zu retten: Den mutigen Einsatz wirklich innovativer Technologien und beherzte Entscheider*innen. Dazu dann noch eine gehörige Prise Exnovation.

Ich bleibe dabei: je mehr (digitale) Technologie die Menschheit entwickelt, desto wichtiger wird die menschliche Interaktion. Quantencomputer werden nicht alle Probleme der Menschheit über Nacht lösen - aber vielleicht können sie dabei helfen, die heute noch scheinbar unlösbaren großen Themen handhabbar zu machen.

Ausgewählte allgemeine / Übersichts-Quellen (unsortiert!):

https://www.dwavesys.com/quantum-computing/applications

https://www.volkswagenag.com/de/news/stories/2018/11/intelligent-traffic-control-with-quantum-computers.html

https://dwavefederal.com/app/uploads/2017/10/Qubits-Day-2-Morning-5-VW.pdf

https://www.thedrive.com/tech/8789/volkswagen-uses-quantum-computing-to-fight-beijing-traffic

https://www.dwavesys.com/sites/default/files/Qubits%20Europe%202018TrafficflowOptimisation.pdf

https://medium.com/@jackkrupansky/what-applications-are-suitable-for-a-quantum-computer-5584ef62c38a

https://quantumcomputingreport.com/our-take/the-best-applications-for-quantum-computing/

https://www.nature.com/articles/d41586-019-02936-3

https://www.quantamagazine.org/stephanie-wehner-is-designing-a-quantum-internet-20190925/

https://www.scientificamerican.com/article/the-quantum-internet-is-emerging-one-experiment-at-a-time/

https://gizmodo.com/you-wont-see-quantum-internet-coming-1836888027

https://devops.com/4-amazing-quantum-computing-applications/
https://www.predictiveanalyticstoday.com/what-is-quantum-computing/
https://listverse.com/2019/01/10/top-10-unexpected-future-applications-of-quantum-computers/
https://de.wikipedia.org/wiki/Quantenkryptographie
https://www.zeit.de/digital/internet/2019-10/quantencomputer-google-innovation-supercomputer-quantum-supremacy
https://www.sueddeutsche.de/digital/quantencomputer-google-kristel-michielsen-1.4657120
https://winfuture.de/news,107166.html
https://www.independent.co.uk/news/science/apollo-11-moon-landing-mobile-phones-smartphone-iphone-a8988351.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Schrödingers_Katze

Beitragsgrafik von: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:C%2B%2B_evolution_text.svg

* Zitiert nach: Eckhardt Meyer-Krentler: Arbeitstechniken Literaturwissenschaft. München: W. Fink 3. Auflage 1993 (UTB 1582), S. 75. Dieser gibt als Quelle an: Karl Hoppe: Wilhelm Raabe. Göttingen 1968, S. 89, gefunden hier, inspiriert von einer Keynote von Prof. Dr. Gunter Dueck, in dem er das Zitat Schopenhauer zuschrieb - scheinbar nicht als einziger.


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