Keine Angst vor der Zukunft
Heute durfte ich beim Bundesverband der Vertriebsmanager Grußworte (ca. 20 Minuten) an die Mitglieder richten. Das Thema sollte einerseits um "Angst vor der Zukunft" kreisen, andererseits einen positiven Ausblick in plausible Zukünfte vermitteln. Da das Event online stattfand, habe ich mich gegen die "klassische" Variante mit einer Powerpoint-Präsentation entschieden und stattdessen einen Nachdenktext vorgetragen. Diesen möchte ich nun auch hier veröffentlichen und wünsche viel Spaß & Erkenntnis.
Intro
- Moin. Ich bin ein echter Zukunftsforscher, das heißt, ich habe unter anderem den Masterstudiengang Zukunftsforschung studiert. Ich arbeite seit 11 Jahren daran, aktuelle Trends zu verstehen und Einschätzungen zu möglichen Szenarien zu geben.
- Das tue ich unter anderem als Inhaber des PROFORE Zukunftsinstituts, als Keynote Speaker, Autor und Podcaster.
- Vielleicht fragen sich jetzt einige, ob ich die Zukunft auch vorhersagen kann. Nein, kann ich nicht. Aber ich lag schon oft richtig: Corona habe ich Mitte 2019 angekündigt, fast ein Jahr vor dem Beginn der Pandemie. Den Krieg in der Ukraine habe ich in meinem Podcast Ende 2021 thematisiert, also rund ein Vierteljahr vor dessen Beginn. Mein Whitepaper über Künstliche Intelligenz erschien im Oktober 2022 – zwei Monate vor ChatGPT.
- Damit will ich nicht sagen, dass ich die Zukunft doch irgendwie vorhersehen kann, sondern dass die Methoden der wissenschaftlichen Zukunftsforschung verdammt gut darin sind, kommende Entwicklungen früher als die Allgemeinheit zu erkennen.
- Aber heute wurde ich gebeten, einen Impuls zum Thema „Zukunftsangst“ vorzubereiten. Dafür habe ich keine Präsentation vorbereitet, wie sonst bei Keynotes und anderen Gelegenheiten, sondern ganz old fashioned einen Text für euch geschrieben.
- Und der geht so.
Keine Angst vor der Zukunft
Angst ist eine reale, unmittelbare Emotion.
Der Angst-Teil unseres Gehirns, die Amygdala, hat Vorfahrt vor den meisten anderen neurologischen Vorgängen. Aus evolutionärer Sicht ist Angst überlebenswichtig für jede Spezies, denn sie hält uns oft von dummen Entscheidungen ab und sagt unseren Gliedmaßen eher: „LAUF!“ statt „mal abwarten, ob das Rascheln im Busch ein Tiger oder eine Tüte Popcorn ist“
Angst wird allerdings oft mit Furcht verwechselt: Angst ist der allgemeine Gefühlszustand im Hinblick auf die Zukunft, auf mögliche Ereignisse, die uns oder unseren Liebsten zustoßen könnten. Unser Gehirn simuliert permanent etwa eine Sekunde in die Zukunft, was als nächstes total schiefgehen könnte, weshalb wir in manchen Situationen erstaunlich schnelle Reflexe haben – wenn etwa jemand ein Glas vom Tisch stößt. Das ist dann weniger Angst als aufmerksame Beobachtung mit allen Sinnen.
Furcht wiederum ist die gerichtete Form der Angst: Ich fürchte mich vor Spinnen in meinem Bett, ich fürchte, dass das Glas vom Tisch fällt und ich mich daran schneide; ich fürchte mich vor einem Fahrradunfall auf dem Weg zur Arbeit, ich fürchte, dass die Faschisten in den sächsischen Landtag einziehen und die Demokratie zerstören.
Ich persönlich kenne Angst und Furcht sehr gut. Ich bin Traumapatient seit einer privaten Tragödie vor einigen Jahren; vor fast 3 Jahren habe ich einen schweren Fahrradunfall überlebt; ich habe einen 7 Monate alten Sohn, der letztes Wochenende in der Klinik am Beatmungsgerät hing.
Angst ist allgegenwärtig.
Wir fürchten uns ja auch in der Freizeit wirklich gern: Fällt euch ein Science-Fiction-Film ein, der eine komplette Utopie einer perfekten Welt beschreibt? Ich kenne keinen. Horror und Actionfilme funktionieren nur, wenn wir uns auch gruseln oder fürchten lassen, dass zum Beispiel der Protagonistin etwas zustößt – James Bond hätte nicht funktioniert, wenn der am Ende nicht immer wieder die Welt gerettet hätte.
Angst ist sexy, make Angst great again!
… aber doch bitte nur mit Happy End!
Die deutsche Gesellschaft kennt Angst besser als jede andere, weshalb uns oft die „German Angst“ zugeschrieben wird. Wir haben Angst vor Veränderung, Angst vor dem Statusverlust durch eine diversere Gesellschaft oder hohe Inflation. Wir haben Angst vor Innovationen, die die Erfindungen unserer Vorfahren obsolet machen könnten, Angst, dass uns die Politik das Auto verbietet oder Gender-Sternchen aufzwingt. Wir haben Angst vor Putin, Angst vor Trump, Angst vor Xi Jinping.
Angst ist also nicht einfach nur unser Hobby, Angst ist unsere Berufung.
Dabei ergaben diverse Umfragen selbst während der Corona-Pandemie, dass die Menschen hierzulande meistens Angst vor diffusen Schreckensbildern haben – privat und beruflich schätzt eine überwältigende Mehrheit ihre individuelle Zukunft sehr zuversichtlich ein. Wie passt das zusammen? Sind wir individuell naiv-optimistisch, aber kollektiv krankhaft-paranoid?
Mein Eindruck ist, dass uns gesellschaftlich das Verständnis einer gesunden Angst, die uns zu vernünftigen Entscheidungen leitet, abhandengekommen ist. Angst und Furcht sind keine Phänomene, die es nur in schwarz und weiß gibt, sondern auch in allen Farben dazwischen. Das ist eine zentrale Erkenntnis, wenn man sich Gedanken über die Zukunft machen möchte, die nicht durch Angst verzerrt sind.
[PAUSE]
Ich bin Zukunftsforscher, Soziologe und Politikwissenschaftler. Ich genieße das fabelhafte Privileg, sehr häufig sehr klugen Menschen und mir selbst immer wieder die Frage stellen zu dürfen:
Welche anderen Perspektiven als Angst oder Zweifel können wir auf die Zukünfte richten?
Wir alle befassen uns mehr oder weniger strukturiert mit der Zukunft. Urlaubsplanung, Steuererklärung, Einkaufsliste, Rentenversicherung, Weihnachtsgeschenke. Paradoxerweise findet aber Zukunft für die meisten Menschen in der Regel kaum explizit statt.
Unser Bildungssystem ist ein verheerendes Beispiel dafür: Junge Menschen sollen Gehorsam lernen, sollen das Wiedergeben der Lehrpläne perfektionieren, es geht mehr ums Verwalten des Status Quo als das Erdenken und Gestalten der Zukunft. Und das wird uns gerade gesellschaftlich mit einiger Brutalität zurückgespiegelt.
Denn: Wer nicht nach einer plausibel erreichbaren Zukunft strebt, wird destruktiv oder depressiv. Das gilt für einzelne Personen genauso wie für Gesellschaften. Leider zieht sich dieser eklatante Zukunftsmangel bis in die höchsten politischen Ämter durch.
„Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“, hat Altkanzler Helmut Schmidt einst gesagt und ist damit der geistige Vater der Zukunftslosigkeit ganzer Generationen. Dass er das nicht so gemeint hat, hilft uns leider nicht mehr.
Doch ich möchte eure Zeit bei diesem Neujahrsempfang nicht mit Lamentieren vergeuden, denn Experten für Nörgelei gibt es wahrlich genug. Stattdessen möchte ich euch ab jetzt ausgewählte plausible, erreichbare positive Zukunftsszenarien der nächsten paar Jahrzehnte erzählen. Sie basieren auf den Erkenntnissen der seriösen Zukunftsforschung, sind also technologisch machbar und unter der Annahme wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Interessen konsistent – das heißt, sie widersprechen nicht anderen naturwissenschaftlichen Gesetzen und gängigen Prognosen.
Willkommen im Jahr 2050!
Lasst uns ausschließlich einen Blick auf die guten Errungenschaften werfen.
1. Gesundheit
Seit der Entdeckung der Genschere CRISPR/Cas9 im Jahr 2013 ist es möglich, die genetische Struktur von Lebewesen zu verändern. Und wir wissen ja längst, dass viele Gesellschaftskrankheiten durch bestimmte Kombinationen bzw. Prädispositionen der Gene begünstigt werden. Die gute Nachricht ist also: Im globalen Norden gibt es 2050 kaum noch bekannte Fälle von Diabetes, Alzheimer-Demenz, Parkinson, multipler Sklerose und selbst Krebs tritt nur noch selten auf und verläuft fast nie tödlich!
Künstliche Organe liegen in großen Organdatenbanken bereit für den Fall, dass durch einen Unfall oder eine unvorhergesehene Krankheit die Leber, Lunge oder das Herz ersetzt werden muss. Diese Datenbanken werden von den Krankenkassen verwaltet – die Premiumvariante ist natürlich auch im Jahr 2050 den Superreichen vorbehalten. Sie lassen sich besonders leistungsfähige Organe anfertigen, die nicht nur dann ausgetauscht werden, wenn die erste Version nicht mehr funktioniert. Schönheits-OP 2.0, sozusagen. Nur das Gehirn konnte bislang nicht dupliziert werden, aber das ist vielleicht auch gut so.
Natürlich gibt’s trotzdem noch diverse weniger schlimme Krankheiten; Körper und Geist brauchen auch gelegentliche Erkältungen, zudem entstehen immer neue Viren und Bakterien. Aber auch dagegen gibt’s ein Wundermittel: Mithilfe von Quantencomputern und künstlicher Intelligenz werden für bestimmte Krankheitsbilder seit vielen Jahren individualisierte Arzneimittel hergestellt.
Tatsächlich hat das zwei erstaunliche Entwicklungen begünstigt. Das eine ist, dass Menschen heutzutage sehr viel gesünder altern. Viele Alterskrankheiten und Todesursachen sind schlicht nicht mehr nötig. Heute ist es keine Seltenheit mehr, dass 90-Jährige einen Marathon laufen oder als Nachhilfelehrer ihre Rente aufbessern. Das zweite ist, dass einige wenige Menschen weit über 100 Jahre alt werden. Das liegt daran, dass nicht nur die Krankheiten heilbar wurden, die sonst den Tod bedeutet haben, sondern auch erste Mittel zugelassen wurden, die den Alterungsprozess einfrieren oder sogar umkehren! Der älteste Mensch ist im Jahr 2050 stolze 140 Jahre alt und auf dem körperlichen und mentalen Stand wie ein 50-Jähriger. Das verleiht einigen gesellschaftlichen Konzepten eine völlig neue Bedeutung: Was kostet eine Lebensversicherung? Wann gehen wir in Rente? Wie lange muss ich zur Schule gehen, wenn ich danach noch über 100 Jahre arbeiten werde? Wer heiratet noch, wenn „bis dass der Tod uns scheidet“ kein Ablaufdatum mehr hat? Brauchen wir ein Enddatum, zu dem das Leben enden soll?
2. Mobilität
Das Wichtigste vorweg: Ja, es gibt Flugtaxis. Gab es ja zu eurer Zeit auch schon, zumindest in Dubai und einigen anderen Orten der Welt. Auch in Deutschland sind sie inzwischen angekommen und entlasten den Verkehr auf den Autobahnen und in Ballungsgebieten zunehmend. Der größte Vorteil ist gar nicht unbedingt die individuelle Mobilität, sondern dass man dafür kaum Infrastruktur braucht. Immerhin gab es zu eurer Zeit rund 600 stillgelegte Kleinflughäfen, die inzwischen als Mobility Hubs genutzt werden.
Aber natürlich besitzt man kein Flugtaxi für den Privatgebrauch, sondern man mietet sich eins – einen Flugschein braucht man dafür nicht, weil es komplett autonom von A nach B steuert. Keine Angst: Es herrscht kein Chaos am Himmel, denn wie es sich für Deutschland gehört, sind die erlaubten Korridore recht eingeschränkt.
Aber überhaupt ist der Privatbesitz eines Fahrzeugs, das kein Fahrrad ist, im Jahr 2050 eher eine Seltenheit. Es ist seit Jahren viel einfacher und günstiger, ein Fahrzeug für den aktuellen Nutzungszweck zu mieten, als mehrere Tonnen Metall zu kaufen, zu versichern und für dessen Unterhalt zu sorgen. Sehr merkwürdiges Konzept, das ihr zu eurer Zeit noch „normal“ nennt. Selbstfahrende Autos, wie ihr sie euch vorstellt, gibt es trotzdem in der Form noch sehr wenig – das liegt daran, dass die Städte dafür einfach nicht geeignet sind. Außerorts ist das natürlich was anderes.
Derweil ist das Streckennetz im Schienenverkehr deutlich gewachsen, sodass die überregionale Bahnmobilität deutlich angenehmer wurde. 100 Prozent Pünktlichkeit bekommen wir trotzdem noch nicht hin, das ist weiterhin Zukunftsmusik 😉
3. Künstliche Intelligenz
KI ist im Jahr 2050 so normal und allgegenwärtig wie zu eurer Zeit die Verwendung von Smartphones. Im Arbeitsalltag heißt das: Die meisten Erwerbstätigen haben einen KI-Kollegen, der sie bei fachlichen Fragen, bei der Einhaltung des Freizeitausgleichs und für sämtliche Korrespondenz unterstützt. Das heißt auch, dass alle jetzt einen persönlichen Coach zur Stelle haben, mit dem sie konzeptionelle Fragen durchspielen oder die Selbstverwirklichung vorantreiben können. Ähnlich wie die Sozialabgaben werden die Kosten für diese KIs über einen kleinen Gemeinwohlbeitrag vom Bruttolohn abgezogen.
Es gibt keine Unternehmen und öffentliche Einrichtungen mehr, in denen KI nicht Standard ist. Alle Organisationen, die sich zu eurer Zeit nicht mit KI beschäftigt haben, gibt es schlicht nicht mehr. In einer Übergangszeit waren also einige Menschen arbeitslos, haben sich aber dann mit den Möglichkeiten von KI befasst und dann eine neue Existenz aufgebaut. Eine 40-Stunden-Woche gibt es längst nicht mehr, klar arbeiten einige so viel oder auch mehr, aber nicht mehr nur in einem Job. Die meisten haben nämlich auch ein zweites Standbein in Form einer freiberuflichen Arbeit oder eines Kleingewerbes, mit dem sie ihren Traum verwirklichen und dabei trotzdem noch gutes Geld verdienen. Ob das nun ein Job im Metaverse oder eine eigene Gärtnerei ist, spielt dabei keine Rolle.
Eine der markantesten Entwicklungen ist die Verschmelzung von KI und Mensch. Es gibt einige wenige, die sich tatsächlich kleine Computerchips direkt ins Gehirn transplantieren lassen, um unmittelbar per Gedankenkraft mit der KI kommunizieren zu können.
Wäre das was für euch?
4. Nachhaltigkeit
Zwar sind viele Prognosen aus eurer Zeit in Bezug auf den Klimawandel leider eingetreten, doch vieles hat sich auch zum Guten gewendet. Durch massive Anstrengungen der internationalen Staatengemeinschaft und der Zivilgesellschaft hat sich die Biodiversität nahezu erholt. Das hatte auch damit zu tun, dass seit etwa 2030 die Massentierhaltung verboten wurde – einer der wichtigsten Emittenten von Treibhausgasen. Es gibt zwar noch Fleisch von echten, toten Tieren im Handel, doch das ist sehr teuer. Stattdessen wird es für 95 Prozent des Verbrauchs künstlich hergestellt und zwar genau dort, wo es auch verbraucht wird: Im Supermarkt, Restaurant, der Kantine, im Zug oder Flugzeug. Das ist übrigens auch viel gesünder für die Menschen, hat aber trotzdem eine Weile gedauert, bis sich die Ernährungskultur darauf eingestellt hat. Die Technologie dahinter war zu eurer Zeit längst erforscht, doch die preisliche Wettbewerbsfähigkeit brauchte noch ein paar Jahre. Irgendwann fand es dann die Mehrheit der Gesellschaft barbarisch, lebendige Tiere zu schlachten, um ein leckeres Steak zu essen – und das kommt schneller als einige von euch heute vielleicht noch denken.
Stichwort Wettbewerbsfähigkeit: Wir haben ein Energieproblem im Jahr 2050, aber nicht das, was ihr jetzt denkt… wir haben nicht zu wenig, sondern ZU VIEL ENERGIE! Das liegt daran, dass der Ausbau Erneuerbarer Energien aus Wind, Sonne und Wasser so rasend schnell ging, dass Haushalte und Gewerbeimmobilien sich inzwischen fast komplett selbst versorgen können. Dazu kommen aber noch zwei weitere, disruptive Faktoren: Erstens ist die Kernfusion, die ja seit 2022 erwiesenermaßen funktioniert, seit ein paar Jahren auch kommerziell interessant geworden. Deshalb haben die meisten Staaten Kernfusionsreaktoren, die nahezu unendlich viel Energie erzeugen können. Zweitens haben wir aber auch riesige Photovoltaikanlagen im Weltall, die Sonnenenergie direkt dort oben einsammeln und per Mikrowelle an Stationen auf der ganzen Welt und dem Mond senden – wir dürfen ja nicht unsere Mitmenschen auf Mond und Mars vergessen, die haben ja auch Bedürfnisse. Das heißt also: Wir haben Energie im Überfluss und „müssen“ uns immer wieder neu überlegen, wie wir noch mehr Strom verbrauchen können, damit die Energienetze nicht überlasten. Für die Großindustrie ist das natürlich etwas anders, aber mit dem vielen Strom gibt es seit wenigen Jahren ein globales Netz für grünen Wasserstoff und das funktioniert erstaunlich gut.
Ach ja, Müll gibt’s auch nicht mehr. Seit den 2030er Jahren ist es weltweit vorgeschrieben, dass Unternehmen für das Recycling und Upcycling ihrer Produkte verantwortlich sind. Das hat komplett den Anreiz zerstört, möglichst schnell möglichst viele Produkte herzustellen, die irgendwo auf der Welt gekauft, benutzt und entsorgt werden. Stattdessen leben wir inzwischen in einer echten Kreislaufwirtschaft, in der alle Gegenstände und selbst defekte Geräte als Rohstoff wieder aufgewertet werden können und müssen. Das Paradigma hat sich entsprechend von schnellem Konsum bzw. schnellen Gewinnen gewandelt zu hochwertigen, langlebigen und problemlösenden Erzeugnissen. Dadurch sind auch viele Länder des globalen Südens immer schneller wirtschaftlich vorangekommen – seit das Energieproblem kein Problem mehr ist, haben sich die Währungen stabilisiert, Inflation ist überall moderat und es entstand vielerorts eine kreative, sehr facettenreiche neue Ökonomie. Das Zeitalter des Turbokapitalismus wurde abgelöst von einer für alle Lebewesen und Ökosysteme gewinnbringenden Form des Postkapitalismus. Ich meine nicht die Hippie- oder Trotzki-Version, sondern einen Kapitalismus, der andere Währungen kennt als Geld, nämlich das Gemeinwohl von Menschen überall auf dem Planeten und der Natur.
Zurück ins Jahr 2024.
Ich wette, dass diese Ausführungen einigen von euch im wahrsten Sinne fantastisch vorkommen – also basierend auf Fantasie. Doch hinter jedem einzelnen stecken nennenswerte Stränge in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Dieses Jahr erscheinen unter anderem drei Sammelbände von mir, die einige der genannten Themen unterfüttern – und ein Handbuch für KI in Unternehmen namens „KI jetzt!“.
Nach vielen Jahren und hunderten Mandaten im Kontext der seriösen Zukunftsforschung bin ich überzeugt: Wir sollten öfter über unsere positiven Zukunftsbilder sprechen. Und auch darüber streiten. Denn es ist ja offensichtlich, dass mein Blick in die Zukunft ein anderer ist als der meiner Nachbarin oder eines Kindes, das gerade in Lagos aufwächst. Doch wir werden uns und unsere Welt nicht retten, wenn wir nur über die Schattenseiten sprechen. Lasst uns häufiger und strukturierter über schöne Zukünfte sprechen.
Dann klappt’s auch mit der Angst, das verspreche ich euch.
Vielen Dank fürs Zuhören!
Foto von Etienne Girardet auf Unsplash
KI in der (Intra-)Logistik mit Sven Lindig Im Hier und Morgen #IHUM
Sven Lindig ist Familienunternehmer in einer spannenden Branche: (Intra-)Logistik. Es geht also darum, Waren und Güter von A nach B zu bringen und das möglichst effizient. Eine alte Branche, die Innovation aus Tradition macht. Daher sprechen wir in dieser Episode natürlich über innovative Lösungen im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz und Robotik - aber auch alternativer Organisationsformen verschließt sich Sven nicht, im Gegenteil. Soziokratie ist für ihn kein Fremdwort, sondern gelebte Praxis. Definitiv ein weiter Horizont!
Anlass war auch dieses Mal ein Beitrag im Band "Arbeitswelt und KI 2030", den Sven gemeinsam mit Prof. Dr. Norbert Bach von der TU Ilmenau geschrieben hat.
Sven bei Linkedin: https://www.linkedin.com/in/sven-lindig-2269942/
LINDIG Fördertechnik GmbH: www.lindig.com
LINDIG Gruppe: www.lindig.group
LIFT Air GmbH: www.lift-air.com
MobilityCenter: www.mobilitycenter.com
CNN-Bericht über Horten Aircraft (Nurflügler): https://edition.cnn.com/travel/videos/travel/2019/04/12/horten-hx-2-flying-wing.cnn
Der Band bei Springer: https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-35779-5
Der Band bei Amazon: https://amzn.to/3BzhvNi
Der Band bei Buch7 (sozialer Buchhandel): https://www.buch7.de/produkt/arbeitswelt-und-ki-2030-inka-knappertsbusch/1042544070?ean=9783658357788&partner=kai-gondlach
Der Themenüberblick:
00:00:00 Intro
00:01:46 Sven Lindig stellt sich vor: Familienunternehmer aus Eisenach
00:04:32 Was ist Intralogistik genau? Was kann Automatisierung da?
00:07:56 Was steht im Beitrag "KI in der Intralogistik" in unserem Band?
00:12:33 Der Mensch im Zentrum aller Branchen - und der 27 Club
00:15:29 Wer sollte den Beitrag lesen?
00:17:02 Lindig Group: Was macht die Gruppe außerdem? Luftfahrt?! Mobilitycenter?! ÖPNV?!
00:37:47 Wie verändert sich die Arbeitswelt - wie sieht Svens Utopie 2030 aus? Was ist Soziokratie?
00:45:08 Svens Wunsch an den Bundeskanzler
Teaser
Abspann
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Das Gespräch mit Sven fand am 07.10.2021 statt, die Episoden wird bei Spotify und Co. erstveröffentlicht am 06.12.2021. Hier im Zlog schon seit dem 05.01. um 11:40 Uhr.
KI im Airline-Geschäft mit Didem Uzun Im Hier und Morgen #IHUM
Sitzen in Zukunft noch menschliche Piloten im Flugzeug? Was kann die künstliche Intelligenz im Airline-Geschäft schon heute? Darüber unterhielt ich mich mit Didem Uzun. Sie ist bei der Lufthansa Industry Solutions im Bereich strategische Geschäftsentwicklung, künstliche Intelligenz und Datenanalyse tätig. Auch sie hat mit ihrer Chefin einen Beitrag für unseren Band "Arbeitswelt und KI 2030" geschrieben. Entsprechend unterhielten wir uns über die Zukunft der Luftfahrt, was nicht nur für Beschäftigte in der Branche interessant sein dürfte, sondern auch für alle, die gelegentlich oder auch oft fliegen. Didem sagt sogar, der gesamte Band sei für alle, die sich für Zukunft interessieren, interessant - WOW!
Natürlich thematisieren wir auch Nachhaltigkeit, denn besonders in dieser Industrie ist das natürlich ein extrem wichtiges Thema. Außerdem sagt Didem, dass eignetlich alle das Buch lesen sollen, die sich für die Zukunft interessieren, was mich natürlich freut. Wie immer gitb's den Link zum Buch in den Shownotes, aber jetzt wünsche ich dir erstmal gute Unterhaltung und viele neue Erkenntnisse!
Didem bei Linkedin: https://www.linkedin.com/in/didemuzun/
Der Band bei Amazon: https://amzn.to/3BzhvNi
Der Band bei Buch7 (sozialer Buchhandel): https://www.buch7.de/produkt/arbeitswelt-und-ki-2030-inka-knappertsbusch/1042544070?ean=9783658357788&partner=kai-gondlach
Der Themenüberblick:
00:00:00 Intro
00:02:00 Didem Uzun stellt sich vor: Lufthansa Industry Solutions, Business Development AI & Data Analytics
00:05:10 KI unterstützt uns, sie bedroht uns nicht!
00:08:12 Wovon handelt der Beitrag im Band "Arbeitswelt und KI 2030"?
00:13:22 Wo kommt KI heute und bald zum Einsatz in der Luftfahrt?
00:20:20 Wie sieht's 2030 aus? Roboter-Piloten, Steward:essen auf Schienen, Herzinfarktsensoren?
00:26:27 Wer sollte den Beitrag lesen?
00:30:10 Arbeitswelt der Zukunft in der Airline-Branche - der smarte Schnatz!
00:33:37 Didems Wunsch an den Bundeskanzler - BILDUNG!
00:36:08 Outro
Teaser
Abspann
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Das Gespräch mit Henrike fand am 22.10.2021 statt, die Episoden wird bei Spotify und Co. erstveröffentlicht am 23.12.2021. Hier im Zlog schon seit dem 21.12. um 18:00 Uhr.
Mobilität. Potenziale durch mathematische KI-Methoden - Dr. Henrike Stephani Im Hier und Morgen #IHUM
Künstliche Intelligenz in die Schulen und Ausbildungsstätten! So lautet eine Bitte von Dr. Henrike Stephani in diesem Gespräch. Sie ist promovierte Mathematikerin, KI-Lotsin und kümmert sich beim Fraunhofer ITWM um die Bildverarbeitung mithilfe von Maschinen. Warum braucht es dafür Mathe, was kann eine maschinelle Bildverarbeitung in der Industrie leisten, was nicht? Und inwiefern verändern sich denn nun Berufsbilder und Tätigkeiten? Wie kann die Mobilität von künstlicher Intelligenz profitieren (z. B. Flugzeugbau, Fahrplanerstellung, Verkehrssteuerung)?
Über diese und noch mehr Themen sprach ich mit Henrike am 28. September. Hintergrund: Auch Henrike hat gemeinsam mit ihren Kolleg:innen Prof. Dr. Anita Schöbel und Dr. Michael Burger einen Beitrag für unseren Band "Arbeitswelt und KI 2030" geschrieben.
Henrike bei Linkedin: https://www.linkedin.com/in/henrike-stephani-52091a54/
Das erwähnte Projekt KI-Lotsin: https://www.itwm.fraunhofer.de/de/Anwendungsfelder/ki-lotsin-rlp.html
Der Band bei Amazon: https://amzn.to/3BzhvNi
Der Band bei Buch7 (sozialer Buchhandel): https://www.buch7.de/produkt/arbeitswelt-und-ki-2030-inka-knappertsbusch/1042544070?ean=9783658357788&partner=kai-gondlach
Der Themenüberblick:
00:00:00 Intro
00:01:31 Dr. Henrike Stephani stellt sich vor: Stv. Abteilungsleiterin »Bildverarbeitung« am Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM
00:03:40 Was macht eine Mathematikerin und warum künstliche Intelligenz?
00:05:03 Kann repetitive Arbeit automatisiert werden? Was hat Mathe damit zu tun?
00:07:00 Wie komme ich vom mathematischen Modell zur Automatisierung in der Produktion oder Inspektion?
00:09:22 Ersetzt oder unterstützt die Maschine uns?
00:18:09 Was steht im Beitrag "Potenziale im Bereich der Mobilität durch mathematische Methoden der künstlichen Intelligenz"?
00:21:39 Wie realistisch ist es, dass Verkehr komplett KI-optimiert wird?
00:25:34 Henrikes Vision für eine optimale Arbeitswelt - ein Tag im Jahr 2030.
00:29:55 Was wäre nötig, um diese Vision zu realisieren?
00:33:04 Bitte an die Bildungsträger, Kammern, Verbände und Bildungspolitik
Teaser
Abspann
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Das Gespräch mit Henrike fand am 28.09.2021 statt, die Episoden wird bei Spotify und Co. erstveröffentlicht am 16.12.2021. Hier im Zlog schon seit dem 14.12. um 14:00 Uhr.
Im Hier und Morgen: Arbeitswelt und künstliche Intelligenz 2030 - 4. Staffel #IHUM
Die vierte Staffel meines Podcasts startet mit einer großen Ankündigung: Im Dezember erscheint der Band "Arbeitswelt und KI 2030" (Springer) - herausgegeben von Inka Knappertsbusch und mir, Kai Gondlach. Darin enthalten sind 41 Beiträge von 78 Autor:innen und viele davon haben sich bereit erklärt, in Interviews für diesen Podcast mehr über die Hintergründe zu berichten und warum sie ihr Thema so wichtig oder spannend finden.
Also: Bis Februar 2022 wird hier jede Woche ein Gespräch unter der Überschrift "Arbeitswelt und KI 2030" erscheinen. Keine Panik, wir lesen nicht gemeinsam die Beiträge vor - es geht eher locker zu. Da mir das Thema so am Herzen liegt, bitte ich alle, die mit diesem Thema in Berührung kommen, darüber mit ihrem Umfeld zu sprechen. Deutschland hinkt in der Wirtschaft und öffentlichen Verwaltung mächtig hinterher, wenn es um künstliche Intelligenz geht. Und du kennst garantiert jemanden, der oder die berufstätig ist, oder? Also: Verbreite bitte diese Episode oder die Website zum Band: https://www.springer.com/de/book/9783658357788 (bestellen bei Buch7)
Danke!
Der Themenüberblick:
00:00:00 Intro: Worum geht's? Ein Buch erscheint: Arbeitswelt und KI 2030!
00:05:17 Buch und Podcast - DANKE!
00:06:31 7 Kapitel mit 41 Beiträgen
00:12:17 Podcast-Episoden mit Autor:innen des Bands ab nächster Woche - Zeitplan
00:12:29 1. Episode: German Angst - haben die Deutschen Angst vor KI?
00:13:09 2. Episode: Neuroethik und Philosophie in Bezug auf künstliche Intelligenz
00:13:37 3. Episode: Einsatz von KI-basierter Sprachanalyse im Bewerbungsverfahren
00:14:25 4. Episode: Intelligente IT-Systeme in Unternehmen
00:14:41 5. Episode: Potenziale von KI für die Produktion
00:15:12 6. Episode: Die Graswurzelbewegung der KI in der Energiewirtschaft
00:15:43 7. Episode: Chancen der KI, Arbeitsgestaltung in der produzierenden Industrie
00:15:58 8. Episode: Potenziale für die Mobilität durch mathematische Methoden der KI
00:16:44 9. Episode: KI als Chance für das zukünftige Airline-Geschäft
00:17:24 10. Episode: KI in der Intralogistik
00:18:10 11. Episode: KI macht die Medizin effizienter, individueller und präventiver
00:18:47 12. Episode: KI im klinischen Behandlungspfad
00:19:25 13. Episode: KI im Gesundheitsmarkt
00:20:04 14. Episode: KI-Zusatzqualifizierungen in KMU
00:20:57 DANKE! Bitte um Verbreitung dieser Episode / Staffel.
00:23:12 Tschau & bis bald
Teaser
Die Musiklizenz zum Spot mittendrin (Creative Commons Lizenz CC BY 3.0): "Bach, Toccata and Fugue in D Minor" by Illinois Brass Band, gefunden auf: Free Music Archive
Abspann
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Diese Episode habe ich am 20.10.2021 aufgenommen, sie wird bei Spotify und Co. erstveröffentlicht am 21.10.2021. Hier im Zlog schon seit dem 20.10. um 17:15 Uhr.
#02.10 KI in der Mobilität mit Benedikt Schonlau Im Hier und Morgen
Dieses Mal war Benedikt Schonlau von Consulting4Drive zu Gast und diskutierte mit mir über autonomes Fahren bzw. selbstfahrende Fahrzeuge. Bei den meisten Punkten waren wir uns einig, doch es gab auch unterschiedliche Perspektiven - kein Wunder, wenn ein Ingenieur und ein Sozialwissenschafter aufeinandertreffen.
Wie lange dauert's noch bis zum selbstfahrenden Shuttle? Wie verändert sich dadurch unsere Weltsicht? Diese und weitere Fragen haben wir aufgegriffen. Hier eine Übersicht der Themen:
00:00:00 Intro und Vorstellung Benedikt Schonlau
00:03:04 Was heißt für dich Künstliche Intelligenz?
00:06:19 Das klassische Dilemma: Wen opfert das autonome Fahrzeug?
00:12:00 Warum Null-Fehler-Toleranz bei Maschinen und nicht bei Menschen?
00:18:37 Kann ein selbstfahrendes Auto in Arizona UND Neu-Delhi fahren?
00:20:45 Wie verändert Künstliche Intelligenz unser Menschenbild?
00:22:41 Wohin entwickelt sich Mobilität praktisch für die Menschen? ÖPNV, Sharing-Angebote, Verkehrsmanagement und Automation.
00:34:19 Kann die Landbevölkerung bald mit einem autonomen Shuttle nach Rom fahren?
00:41:48 Wie gelingt die Mobilitätswende für alle?
00:45:54 Stirbt der Begriff "Auto" aus? Sharing sticht Status!
00:50:42 Das Jahrhundert der Autos geht zuende.
00:51:55 Dystopie zu autonomen Fahrzeugen - der worst case.
00:56:17 Utopie zu automatisierter Mobilität.
Teaser gefällig? Hier geht's zur Vorschau:
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10/2020: Zukunft: Eine Frage der Perspektive (Hannoversche Volksbank)
Am 6. Oktober 2020 habe ich für die Privatkunden der Hannoverschen Volksbank einen Ausflug in die Zukunft gewagt. Oder eher Zukünfte? Ein bunter Themenmix aus Mobilität, Gesundheit, künstlicher Intelligenz und Gehirn-Implantaten erwartet Sie. Und ganz wichtig: Warum sind die unterschiedlichen Perspektiven auf Zukünfte so wichtig? Was kann uns dabei helfen, angesichts der erschreckenden Entwicklungen auf dem Planeten Zuversicht zu bewahren? Finden Sie es heraus in meinem Vortrag „Zukunft: Eine Frage der Perspektive“!
Sie planen auch ein Event und möchten mich als Impulsgeber für Ihre Kunden, Mitarbeiter oder Mitglieder buchen? Kein Problem, schreiben Sie mir gern direkt Ihre Anfrage:
National Geographic Podcast: Zurück in die Zukunft!
Ende November erhielt ich einen Anruf von Daniel Lerche von National Geographic. Ob ich Lust hätte, bei der Episode zum Rück- und Ausblick auf 2019 bzw. 2020 und 2030 mitzuwirken. Ich habe gründlich das Für und Wider durchdacht, Argumente abgewägt und mit mir selbst diskutiert und nach ungefähr 2 Milisekunden zugesagt. Da die Folge sehr bald aufgenommen werden musste, konnten wir leider keinen Termin mehr für ein echtes Treffen im Münchener Fox-Studio finden, aber kein Problem: dank bereits angekündigter eigener Podcast-Avancen habe ich zuhause professionelles Equipment. Also unterhielten wir uns über eine Stunde lang über diverse Winkel der Zukunft - Gesundheit, Verkehr, Mobilität, Wohnen, Bildung, Reisen, Abenteuer... angesetzt war eine halbe Stunde.
Wie dem auch sei: die produzierte Folge mit zwei weiteren spannenden Gästen (Dr. Suzanna Randall und Dr. Thomas Krumpen) ist online hier zu finden: https://explore.podigee.io/12-explore-zuruck-in-die-zukunft (ab Minute 29:30 beginnt mein Part).
Das gesamte Interview gibt's hier zum Nachlesen: https://www.nationalgeographic.de/wissenschaft/2019/12/zukunft-kommt-nicht-zukunft-wird-gemacht
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Quantencomputer: Was, wann, wie und warum?
Sprechen wir über Quantencomputer. Wenn ich das Thema bei meinen Keynotes aufwerfe, ernte ich in der Regel verständnislose, mäßig begeisterte Blicke. "Klingt nach Magie", oder: "Bis das kommt, bin ich Rentner*in!", so die Sprüche danach. Nun sind QC in den Massenmedien angekommen, also schauen wir doch mal, was sie können (werden).
Quantencomputer sind also endlich in den Massenmedien angekommen. Warum ist die Quantenüberlegenheit (quantum supremacy) wichtig für Sie? Weil sie das Spektrum der erlaubten Fragen (und der potentiell möglichen Lösungen) erheblich erweitert! Dieser Beitrag soll das Verständnis für Quantencomputer weitertragen - und er stellt keinen Anspruch an Vollständigkeit oder technische Tiefgründigkeit, sondern richtet sich an Einsteiger. Legen wir los!
Kurzer Rückblick
Quantencomputer basieren auf der Physik der kleinsten Teilchen unseres Universum, den Quanten. Als theoretische Begründer dieser divergierenden Auffassung der "Physik von allem" gelten in erster Linie die in den 1900-30er wirkenden Physiker Max Planck, Werner Heisenberg, Max Born, Pascual Jordan und Erwin Schrödinger (bekannt durch das Gedankenexperiment "Schrödingers's Katze"). Kurios, aber inzwischen durch die Experimentalphysik nachgewiesen: Quanten lassen sich zu keinem Zeitpunkt eindeutig in ihrem aktuellen Aufenthaltsort bestimmen. Sobald Forscher ein Quantenteilchen also beobachten, lässt sich dessen genaue Position nicht mehr eindeutig nennen. Darüber hinaus treibt die Quantenmechanik das Ganze auf die Spitze, da sie die Theorien (Unschärferelation, Teilchenverschränkung, deterministische Zeitentwicklung uvm.) längst messbar macht. Kurz gesagt. Alles, was wir aus unserem Erfahrungshorizont für gegeben angenommen haben, steht plötzlich infrage. Materie ist nicht mehr fest, Teilchen haben zwei Zustände gleichzeitig und vieles mehr.
Es dauerte nicht lang, bis die aufkommende Informatik das Thema aufgriff. Deren Grundlage beruht ja bekannterweise auf der Festkörperphysik und dem Ein- und Ausschalten von Transformatoren, um binäre Zustände darzustellen. Schnelle Computer zeichnen sich dadurch aus, dass sie mit ihren Bits sehr oft zwischen 0 und 1 umschalten können. Durchschnittliche Smartphones können diesen Umschalteffekt heute ungefähr 100.000 mal schneller darstellen als der NASA-Computer der Apollo 11 Mission, der vor 50 Jahren Menschen auf den Mond gebracht hat. Würde man einen Turm aus allen aktiv genutzten iPhones weltweit bauen, käme man immerhin fast bis zur Hälfte zum Mond. Das wäre noch eine sinnvollere Verwendung der Geräte als Katzenvideos und Pornos zu streamen.
An- und Ausschalten ist der Quanteninformatik aber natürlich viel zu wenig. Wenn Quantenteilchen mehrere Zustände gleichzeitig einnehmen, müsste man das doch auch für Rechenmaschinen nutzen können. Und so gebar die Idee der Qubits (statt Bits). Qubits können theoretisch jeden sowohl 0 als auch 1 darstellen, um es einfach herunterzubrechen. Gleichzeitig steigt die Rechenleistung der Quantenprozessoren nicht nur linear mit der Anzahl der Qubits, sondern exponentiell. Heißt: Ein Quantencomputer mit 3 Qubits hat doppelt so viel Rechenleistung wie einer mit 2 Qubits. Einer mit 4 Qubits hat bereits 2*2*2 Rechenleistung. Und um das Spielchen noch komplexer zu machen, sind inzwischen auch Qutrits gelungen: ein Qutrit kann sogar drei Zustände gleichzeitig annehmen.
Warum ist das JETZT wichtig?
Kürzlich verkündete Google - erst durch einen Leak, nun auch offiziell - die Quantenüberlegenheit. Verantwortlich dafür ist Google's Quantenprozessor Sycamore, der 54 Qubits hat (bzw. 53, einer ist leider durchgebrannt). Er schlug kürzlich den schnellsten Computer der Welt in einer sehr spezifischen Aufgabe, der Errechnung tatsächlicher Zufallszahlen, um Längen. Dieser "herkömmliche" Supercomputer heißt IBM Summit und kann 122 Billiarden Mal pro Sekunde 0en und 1en ein- und ausschalten. Er benötigt (rein rechnerisch) für das Lösen der Aufgabe rund 10.000 Jahre, Sycamore 200 Sekunden.
Ja, richtig, IBM bestreitet die Überlegenheit - immerhin will IBM das Quantum Rennen gewinnen. Ja, natürlich kann dieser Quantencomputer (noch) nicht die Menschheit retten. Doch genauso funktioniert Innovation:
"So oft eine neue überraschende Erkenntnis durch die Wissenschaft gewonnen wird, ist das erste Wort der Philister: es sei nicht wahr; das zweite: es sei gegen die Religion; und das dritte: so etwas habe Jedermann schon lange vorher gewußt." (Wilhelm Raabe, 1864)*
Heißt im Klartext - und dann endet dieses lange Intro endlich: Es ist an der Zeit, sich mit der Zukunft zu befassen. Sie wird schneller zur Realität als Sie denken.
Einleitung, zweiter Anlauf
Quantencomputer beschäftigen Zukunftsforscher schon seit einigen Jahrzehnten. Sie gehörten jedoch lange Zeit zu den weit entfernten utopischen Technologien, deren Durchbruch schon mehrmals "kurz bevor" stand. Doch nun nimmt die Entwicklung endlich Fahrt auf - und die Pioniere auf dem Gebiet präsentieren immer mehr realistische Anwendungen. Schauen wir uns doch mal ein paar an, bevor wir die Perspektive Richtung Zukunftsapplikationen wenden.
Vor drei Jahren hat eines der weltweit führenden Unternehmen in der Entwicklung von Quantencomputern, D-Wave Systems Inc., einen medienwirksamen use case präsentiert. In Kooperation mit Volkswagen AG haben die Entwickler den Verkehr der jeweils nächsten 20 Minuten zwischen dem Flughafen Peking und der Innenstadt der Millionenmetropole prognostiziert. Für die Auswertung der Datenpunkte (mehrere Millionen pro Sekunde) benötigte der Quantencomputer nur wenige Sekunden, ein extrem schneller, herkömmlicher Rechner brauchte über 20 Minuten. Die Navigationssysteme der Taxifahrer wurden entsprechend informiert und die Taxis umgeleitet - mit messbaren Folgen für den Verkehr.
Fun Fact: 2017 traf ich Robert "Bo" Ewald, den Präsidenten der Firma, beim 2b AHEAD Zukunftskongress und sprach mit ihm über die Implikationen der Technologie. Einer dieser Momente, wenn sich ein Zukunftsforscher zusammenreißen muss, um nicht zu euphorisch zu werden. Er, ein offensichtlich strahlender Pionier der Entwicklung, prognostizierte: Die Quantenüberlegenheit, also der Moment, wenn ein Quantencomputer auch den schnellsten Computer der Welt deutlich schlagen würde, sei Anfang der 2020er Jahre greifbar. Und nun, im Oktober 2019, wurde sie erreicht (s.o.)! Selbst die Prognosen optimistischer Technologen werden derzeit also offenbar durch die Realität überholt. Wow!
Abseits der Euphorie stellt niemand wirklich infrage, OB Quantencomputer technologisch realisierbar sind - es ist nur eine Frage der Zeit, WANN sie ihr volles Potential entfalten werden. Wenn Sie mich fragen: innerhalb des kommenden Jahrzehnts. Sollten wir uns also heute schon darauf vorbereiten? Na gut, die Frage war suggestiv, also lassen Sie uns über die oben versprochenen, neuen Fragen sprechen, die wir stellen dürfen, wenn Rechenleistung keine Limitierung mehr darstellt.
Grundsätzlich
Die klassische Grundlagenforschung, die natürlich seit Jahrzehnten Computer einsetzt, nutzt trial & error als Hauptprinzip – als Sozialwissenschaftler erlaube ich mir mal so eine stümperhafte, alles andere als despektierlich gemeinte Simplifikation. Man muss also tatsächlich in langen Versuchsreihen probieren, was geht und was nicht. Einige Verbesserungen, neue Entdeckungen und Erfindungen entstehen durch hypothetisches Vorgehen, einige entstehen durch Zufälle. Sobald Quantencomputer ihr Potential für die Forschung entfalten, erwarten Zukunftsforscher Durchbrüche auf diversen Gebieten, auf denen sehr, sehr viele Kombinationsmöglichkeiten zum Beispiel auf molekularer Ebene denkbar sind. Besonders die Algorithmen künstlicher Intelligenz, insbesondere Machine Learning, werden wohl ihr Potential erst richtig ausnutzen, wenn Quantencomputer zur Durchführung der komplexen Rechenoperationen zur Verfügung stehen.
Schauen wir uns die großen, ungelösten Probleme an…
Gesundheit
Millionen Menschen sterben jedes Jahr infolge von genetisch veranlagten Dysfunktionen. Das nennt die moderne Medizin zwar nicht so, sondern hat hochtrabende Bezeichnungen für Symptom-Erkrankungen gefunden. Tatsächlich erklärt die (Epi-)Genetik jedoch einen großen Teil der Volkskrankheiten von Krebs über Diabetes bis zu Herz-Kreislauf-Krankheiten. Bereits heutige Systeme maschinellen Lernens erkennen aufgrund von Zusammenhängen Krankheiten, die der beste menschliche Mediziner nicht sehen würde.
Tauchen wir ein in die Molekularbiologie, wo Millionen Zellen, Milliarden Neuronen, Billionen Erbgutinformationen biologische Wesen zu dem machen, was sie sind. "Ein Wunder!", denkt der menschliche Verstand. "Spannende Mechanik!", denkt Leonardo da Vinci und beschreibt den vitruvianischen Menschen. "Eine lösbare Rechenaufgabe!", denkt der Quantencomputer.
Der "Heureka"-Moment der zeitgenössischen Medizin wird die Entwicklung individueller Arzneimittel sein für Krankheiten, die noch gar nicht ausgebrochen sind. Durch die Rechenleistung der Quanten in Kombination mit fortgeschrittenen Messinstrumenten (darunter Genomsequenzierung, lab-on-a-chip etc.) wird es noch im nächsten Jahrzehnt möglich werden, den aktuellen und kommenden Gesundheitszustand eines Lebewesens 1. präzise zu bestimmen und 2. das passende Mittel zur (präventiven) Heilung jeglicher Dysfunktion (Krankheit) zu entwickeln. Seit 2012 ist bekannt, dass Quantencomputer das Verhalten von Proteinen und Molekülen berechnen und prognostizieren können; die langjährigen Versuchsreihen der Pharmaunternehmen und Zertifizierungszeiten der Behörden werden dann bald der Vergangenheit angehören.
Was bedeutet das praktisch?
Vielleicht kennen Sie das Szenario aus meinen Keynotes: Eines Tages stehen Sie früh auf, laufen ins Badezimmer und ein Smart Mirror (oder Ihr Smartphone, die Küche oder ein Sprachassistent wie Alexa, Siri oder Bixby) begrüßen Sie im neuen Tag mit folgenden Worten: „Guten Morgen, toll sehen Sie heute aus! Allerdings sind Sie zu 17 Prozent krank, was eine signifikante Verschlechterung zur Vergangenheit bedeutet. Ihr individuelles Arzneimittel wird gerade in Ihrer Stammapotheke zubereitet und ist in 42 Minuten bei Ihnen. Möchten Sie die Ursache für Ihren Gesundheitszustand erfahren?“ Möglicherweise mischt übrigens nicht eine Apotheke Ihr Gesundheitsprodukt, sondern eine Drogerie, Ihr „Kühlschrank“ oder jeder beliebige andere Anbieter, dem Sie Ihre Daten anvertraut haben. Es kann jedoch gut sein, dass diese Verheißung (zunächst) nur einer sehr kleinen Menschengruppe vorbehalten bleibt, darüber müssen wir uns jetzt aber nicht unterhalten.
Für Versicherer bedeutet das: Sie werden den Gesundheitszustand ihrer Kunden unheimlich präzise errechnen können. Erst auf dieser Datengrundlage wird es möglich sein, echte Prävention zu betreiben. Das bedeutet in Zukunft nicht mehr Subvention ergonomischer Büromöbel, wenn der Rücken schon schmerzt, sondern Verhinderung von Krankheiten, lange bevor sie ausbrechen. Rechnen Sie gern allein durch, was das für die Aufwendungen kurativer Maßnahmen bedeuten kann.
Energie
Quantencomputer arbeiten auf der Grundlage der kleinsten bekannten Teilchen im Universum, den Quanten. Je komplexer ein Organismus, desto schwieriger ist es, dessen Quantenzustand zu messen. Für Energie, besonders Elektrizität, ist das weniger kompliziert. Elektrizität lässt sich bereits heute beamen, d.h. in (fast) Echtzeit von einem Ort zum andern transferieren. Heutige Netzbetreiber freuen sich weniger über die Entwicklung, dass potentiell Energie von einem Erzeuger zu jedem beliebigen Empfänger übertragen werden kann. Doch das ist die, zugegebenermaßen, ferne Zukunft.
Sehr viel früher erwarte ich einen Durchbruch im Bereich der Energiespeicherung. Energieversorger, Netzbetreiber und Mobilitätsunternehmen weltweit sind auf der Suche nach dem heiligen Gral der effizienten Speicherung von Elektrizität. Herkömmliche Lithium-Ionen-Akkus basieren auf klassischen elektrochemischen Prinzipien, eine Gruppe von Forschern der Universitäten Alberta und Toronto haben kürzlich die technische Machbarkeit von Akkus demonstriert, die auf den Gesetzen der Quantenmechanik basieren – immerhin theoretisch – und während der Speicherung keine Energie verliert (Quelle: https://phys.org/news/2019-10-blueprint-quantum-battery-doesnt.html / Primärquelle: https://dx.doi.org/10.1021/acs.jpcc.9b06373). Kombiniert man diesen Fortschritt mit dem Wunderelement Graphen, könnte auch die Kapazität der Energiespeicher im bevorstehenden Jahrzehnt endlich den rapide steigenden Bedarf in diversen Wirtschaftssektoren erfüllen.
Was bedeutet das praktisch?
Um einen Faktor zu nennen: ein Lithium-Ionen-Fahrzeugakku dürfte sich bis 2030 um die fünffache Potenz verbessern. Ausgehend vom Klassenbesten (Tesla Model S) bedeutet das eine Reichweite von bis zu 16.000 Kilometer Reichweite pro Ladung. Batterie-Akku-Fahrzeuge haben war ein berechtigtes Imageproblem, das liegt aber vor allem an der heutigen Reichweite, die noch nicht mit Verbrennern mithalten kann. Das wird sich sehr bald ändern.
Verkehrsorganisation
Bereits die ersten Quantencomputer-Prototypen von D-Wave haben in einem werbewirksamen Experiment ihre Stärke ausgespielt (s.o.). Ein ähnliches Projekt wurde 2018 in Barcelona von denselben beiden Unternehmen demonstriert. Nun ging es nicht mehr nur darum, den Verkehrsfluss vorherzusagen, sondern auch daraufhin die Verfügbarkeit von Taxis auf den erwarteten Bedarf abzustimmen – mit Erfolg. Darüber hinaus sei das Projekt skalierbar, das heißt in dem Fall: in jeder beliebigen anderen Stadt einsetzbar.
Was bedeutet das für den Verkehr in Zukunft?
Personenverkehr
In Metropolen und Metropolregionen herrscht mindestens zweimal täglich Verkehrschaos. Gleichzeitig gibt es aktuell wenig Grund zur Annahme, dass sich der Trend zur weiteren Urbanisierung schlagartig umkehren sollte. Es wird also noch voller, es kommen noch mehr Carsharing-Angebote, die bald auch autonom unterwegs sind – in Summe also noch verstopftere Straßen. Die gängigsten Navigationssysteme und -Apps errechnen nicht bloß eine Route von A nach B, sondern senden bereits heute Informationen über die Geschwindigkeit der Nutzer ans Rechenzentrum. Deshalb wissen die Maps und Kartendienste der Welt deutlich früher als Radiosender oder Polizei von Staus und stockendem Verkehr. Natürlich nutzen Pendler, die seit Jahren dieselbe Strecke fahren, kein Navi. Vielleicht wäre es dennoch eine gute Idee, denn die heutige Route ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auch alternativ fahrbar, wenn mein Navi nicht nur den Echtzeit-, sondern auch den Zukunfts-Verkehr kennt und bessere Routen vorschlägt.
Warenverkehr
Warenlogistik orientiert sich an einer Art Kaskadeneffekt. Ein Beispiel: Ein voll beladenes Containerschiff läuft in den Hamburger Hafen ein. Jeder Container wird früher oder später auf einen Lkw oder einen Güterzug geladen und zum nächsten Logistik-Verteiler-Zentrum gebracht. Dort werden die Inhalte des Containers aufgeteilt auf neue Fahrzeuge und früher oder später ist man beim einzelnen Bestandteil angekommen, der in einer Maschine verarbeitet oder vom DHL-Boten zum Endkunden gebracht wird. Allein der Folgeverkehr eines Containerschiffs an Land ist der Wahnsinn, all die gefahrenen Kilometer, Arbeitsstunden, Emissionen. Bisher hatten wir aber auch schlicht keine bessere Lösung. Die Zukunft gehört perfekt effizienter Routenplanung und end-to-end-Lieferungen mit autonomen, emissionsarmen Fahr- und Flugzeugen.
Internet
Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Menschheit noch gar nicht reif genug ist für das Internet (s.o.). Viel zu mächtig erscheint die Grundlagentechnologie, jeden Ort der Welt plötzlich miteinander verbinden zu können – und unsere herkömmlichen Systeme (Sicherheit, Bildung, Kommunikationsgepflogenheiten) sind schlicht zu langsam dafür. Wie dem auch sei, viele Orte sind immer noch schlecht angebunden an vertretbar schnelles Internet, von Glasfaser und 5G ganz zu schweigen.
Quantencomputer bringen gleich zwei potentielle Anwendungsfälle mit.
- Erstens ist einer der Gründe, warum mobiles Internet teilweise großen Schwankungen unterliegt, dass die Position der Kommunikationssatelliten nicht immer perfekt für die internetfähigen Geräte ist. Das Unternehmen Booz Allen Hamilton arbeitet gerade an einer Lösung der „Routenplanung“ von Satelliten, um die Anzahl der schwarzen Löcher zu minimieren. Allein die Optimierung der "Routenplanung" der Satelliten erhöht die Abdeckung um ein Vielfaches, um stets dort Internet verfügbar zu machen, wo es benötigt werden wird.
- Zweitens können wir uns den schwerfälligen Ausbau der Infrastruktur auf der Erde auch gleich sparen, denn das Quanteninternet / Quantennetzwerk steckt in den Startlöchern. Glasfaser-Internet sendet die Kommunikationssignale mit nahezu Lichtgeschwindigkeit. Das ist schon ganz schön schnell, dennoch muss die Information eine gewisse Strecke zurücklegen und verliert dabei Zeit. Je weiter ein Empfängergerät, beispielsweise Ihr Smartphone, von einem Sender entfernt ist, zum Beispiel einem Rechenzentrum, das diesen Artikel beherbergt, desto länger dauert’s – klingt trivial, ist es auch. Durch den Effekt der Quantenverschränkung kann die Eigenschaft physikalischer Gesetze Reisedauer = Geschwindigkeit x Entfernung ausgehebelt werden und eine Simultanübertragung gewährleistet werden.
Praktisch heißt das: ob ich eine Information in einer direkten Verbindung zwischen zwei Geräten 10 Zentimeter oder 10 Mal um die Erde senden möchte, ändert nichts an der Dauer, Quantum sei Dank! Und dass das Internet bzw. dessen Verfügbarkeit schon in den letzten 30 Jahren zu einer Neudefinition der Menschheit geführt hat, muss ich wohl nicht ausführen.
Digitale Sicherheit
Klassische Verschlüsselungslogiken sind extrem fehleranfällig – nicht, weil Passwörter leicht geknackt oder gehackt werden können, sondern weil Menschen faul und ein Sicherheitsrisiko für Datensysteme sind. Ganz ehrlich, wann haben Sie das letzte Mal das Passwort Ihres privaten E-Mail-Kontos, Ihres Heim-WLAN oder die Kombination für Ihr Smartphone geändert? Und dann noch die Mär mit biometrischen Verschlüsselungsverfahren. Jedes symmetrische Verschlüsselungssystem ist in dem Moment entschlüsselbar, in dem die Information auch auf einem noch so gut geschützten Server mit Internetverbindung hinterlegt wird.
Während dann aber komplexe Verschlüsselungsverfahren gegenüber heutigen Supercomputern „recht sicher“ sind, könnten Quantencomputer problemlos unendlich viele Kombinationsmöglichkeiten simulieren und selbst die komplexeste, symmetrische Verschlüsselung knacken. Neuartige Verfahren werden bereits heute eingesetzt, die erstens asymmetrisch funktionieren – das heißt, es gibt immer einen öffentlichen und einen privaten „Schlüssel“ pro Benutzer. Kryptowährungen wie Bitcoin basieren auf diesem Prinzip: jeder Nutzer hat einen öffentlichen Schlüssel, quasi eine Art Kontonummer, bei einer Transaktion wird jedoch ein privater Schlüssel für Sender und Empfänger erzeugt, die nur diese beiden Parteien erhalten. Zweitens wird wohl einer der ersten kommerziellen Einsatzbereiche von Quantencomputern die Quantenkryptographie sein. Kurz gesagt: aus heutiger Sicht gibt es keine praktizierte Verschlüsselungstechnologie, die unmöglich zu hacken ist. Quantenkryptographie verspricht – wie gesagt, aus heutiger Sicht – die Generierung so unvorstellbar komplexer Verschlüsselungsverfahren, dass diese durch kein absehbares System gehackt werden können.
Finanzwesen
Die größten Börsen und Banken der Welt geben Unsummen für den Betrieb gigantischer Rechenzentren aus, die auf Basis herkömmlicher Computer permanent Finanzmarktmodelle, Portfoliooptimierung und Risikoabschätzungen für Investoren, Kunden, Regierungen etc. zu kalkulieren. Komplexe Modelle erfordern unheimlich viel Rechenleistung; Quantencomputer könnten bestimmte Arten von Berechnungen mit deutlich weniger Energiebedarf und folglich weniger Kosten durchführen. Ja, das bedeutet leider auch, dass viele Bankangestellte ihren Job verlieren werden - besonders, wenn der Zugriff auf Quantencomputer schlagartig umgesetzt wird, wovon auszugehen ist.
Die mittelfristige Zukunft gehört dem komplett automatisierten Handel. Selbst wenn Sie selbst keine Ahnung von Spekulation haben, werden Sie einen virtuellen Bot ins Rennen schicken, der für Sie immer zum richtigen Zeitpunkt das Portfolio aktualisiert, kauft, verkauft, etc. Bitte bringen Sie ihm beizeiten Werte und anständiges Verhalten bei.
Foresight allgemein
Die Zukunft vorherzusagen ist unmöglich. Wirklich? Um ehrlich zu sein, wäre es als Zukunftsforscher ganz schön dämlich, diese Aussage einfach so stehen zu lassen. Natürlich können wir gewisse Dinge prognostizieren, wenn wir nur ausreichend gute Modelle und vor allem ein Verständnis für (unheimlich komplexe, chaotische, entropische, sich wechselseitig beeinflussende) Systeme entwickeln, Muster erkennen, Entwicklungen bewerten und zu einem zutreffenden Maß extrapolieren. Viele Branchen sind dennoch auf die Simulation komplexer Daten angewiesen, allen voran die Finanz- und Energiebranche, Maschinenbau und sämtliche Ingenieursbereiche.
Bereits heutige Verfahren wie die Monte-Carlo-Simulation wenden statistische Verfahren an, um schwer oder unmöglich berechenbare Probleme, wie etwa Zerfallsprozesse im Bereich der Kernfusion oder die Berechnung aller Nachkommastellen von Pi, mit Behelfslösungen doch nutzen zu können. Diese Formen der unmöglichen Berechnungen wird es dank Computern nicht mehr geben; ich als Zukunftsforscher fände es natürlich schade, wenn ein Quantencomputer nicht bloß Pi, sondern auch die Entwicklung einer Branche mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit unter den gegebenen Variablen vorhersagen könnte. Dennoch bin ich überzeugt, dass es nur eine Frage der Datengrundlage ist, die groben Rahmenbedingungen der Zukunft zu errechnen. Es wäre auch ziemlich arrogant anzunehmen, dass die Gehirne von Zukunftsforschern schneller oder besser kombinieren können als ein Quantencomputerchip mit genügend Qubits und exponentieller Rechenleistung…
Umwelt
Ich bin fatalistisch davon überzeugt, dass weder Politik noch Gesellschaft in naher Zukunft ernsthaft einen Wandel im umweltschädlichen Verhalten herbeiführen können. Wir wissen ja längst, dass das Verbrennen fossiler Ressourcen und die massenhafte Tierhaltung schlecht fürs Klima sind, doch haben wir uns an die Annehmlichkeiten im Lebensstil so sehr gewöhnt, dass eine andere Lösung als die Änderung der eigenen Gewohnheiten und die scheinbare Senkung des Lebensstandards herhalten muss.
Stattdessen wächst eben der Anteil der „Technik-Jünger“, die für unsere Klimakrise auf die technologische Lösung hoffen. Meiner Ansicht nach sind alle Technologien längst entwickelt worden, um die Emissionen zu verringern und das bestehende Ungleichgewicht im Treibhauseffekt teilweise zu korrigieren. Dabei muss es auch nicht immer Hightech, sondern kann auch das Pflanzen von Bäumen sein, um CO2 zu binden. Oder man denkt größer und extrahiert CO2 aus der Atmosphäre, spaltet es in aufwendigen chemischen Prozessen in Kohlen- und Sauerstoff und verwertet mindestens den Kohlenstoff weiter. Bedarf haben wir genug. Beispielsweise für e-fuels, also synthetische Kraftstoffe, die in herkömmlichen Verbrennungsmotoren funktionieren. Diese Lösungen haben wir mit herkömmlichen Forschungsprozessen entwickelt; sobald Quantencomputer zum Standard in Laboren und Forschungszentren werden, sind chemische Reaktionen plötzlich simulierbar, völlig neuartige Kombinationsmöglichkeiten denkbar. Wir würden noch besser verstehen, welche Zusammenhänge konkret das Klima beeinflussen – und welche wir wo unterbinden sollten.
Menschheit (anstelle eines Fazit)
Und spätestens an diesem Punkt der Liste komme ich zu dem Schluss, dass die beste Technologie nichts nützt, wenn die sozialen Systeme nicht mitspielen. Das aktuelle Design ebendieser ist nur leider nicht für (bald) 10 Milliarden Menschen und komplexe Herausforderungen wie den Klimawandel, Epidemien oder die gerechte Verteilung von Lebensmitteln und Ressourcen ausgelegt.
Wir benötigen also beides, um die Menschheit zu retten: Den mutigen Einsatz wirklich innovativer Technologien und beherzte Entscheider*innen. Dazu dann noch eine gehörige Prise Exnovation.
Ich bleibe dabei: je mehr (digitale) Technologie die Menschheit entwickelt, desto wichtiger wird die menschliche Interaktion. Quantencomputer werden nicht alle Probleme der Menschheit über Nacht lösen - aber vielleicht können sie dabei helfen, die heute noch scheinbar unlösbaren großen Themen handhabbar zu machen.
Ausgewählte allgemeine / Übersichts-Quellen (unsortiert!):
https://www.dwavesys.com/quantum-computing/applications
https://dwavefederal.com/app/uploads/2017/10/Qubits-Day-2-Morning-5-VW.pdf
https://www.thedrive.com/tech/8789/volkswagen-uses-quantum-computing-to-fight-beijing-traffic
https://www.dwavesys.com/sites/default/files/Qubits%20Europe%202018TrafficflowOptimisation.pdf
https://medium.com/@jackkrupansky/what-applications-are-suitable-for-a-quantum-computer-5584ef62c38a
https://quantumcomputingreport.com/our-take/the-best-applications-for-quantum-computing/
https://www.nature.com/articles/d41586-019-02936-3
https://www.quantamagazine.org/stephanie-wehner-is-designing-a-quantum-internet-20190925/
https://gizmodo.com/you-wont-see-quantum-internet-coming-1836888027
Beitragsgrafik von: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:C%2B%2B_evolution_text.svg
* Zitiert nach: Eckhardt Meyer-Krentler: Arbeitstechniken Literaturwissenschaft. München: W. Fink 3. Auflage 1993 (UTB 1582), S. 75. Dieser gibt als Quelle an: Karl Hoppe: Wilhelm Raabe. Göttingen 1968, S. 89, gefunden hier, inspiriert von einer Keynote von Prof. Dr. Gunter Dueck, in dem er das Zitat Schopenhauer zuschrieb - scheinbar nicht als einziger.