Zukunftsforscher-FAQ (Teil 2)

Der erste Teil meiner Zukunftsforscher-FAQ kam so gut an, dass mich diverse weitere Fragen erreichten. Hier kommt er also, der zweite Teil der häufigsten Fragen an mich als Zukunftsforscher! Vielen Dank an alle Fragestellenden - wer weitere Fragen hat, sende diese bitte über das Kontaktformular.

Du wirkst meist sehr zuversichtlich. Bist du Optimist oder Pessimist?

Die Frage ist tiefgründiger, als sie zunächst scheint. Ich bin von Natur aus mit einem deutlich optimistischen Blick auf die Dinge gesegnet, oder eher entsprechend sozialisiert. Meine Familie hatte sehr viel Glück, auch wenn sie es nie zu viel Reichtum oder Popularität geschafft hat. Meine Mutter sagte immer: "Wir haben zwar kein Geld, aber Glück - und das ist besser als umgekehrt." Nun gab es in meinem Leben auch mehrere große Unglücke, sodass das Glück wohl nicht immer auf meiner Seite steht, aber vielleicht habe ich das Schicksal auch zu sehr herausgefordert mit meiner unternehmerischen Tätigkeit und das Erfolgs-Glücks-Gleichgewicht gestört. Zudem befasse ich mich täglich sowohl mit den goldenen als auch den Schattenseiten möglicher Zukünfte, denke sowohl über plausible Visionen für eine regenerative Zukunft als auch Krisenszenarien nach.
Dennoch trete ich nach außen immer mit einem zuversichtlichen Blick. Warum? Ganz einfach: Jede Aussage über Zukünfte, die man vor einem nennenswerten Publikum vertritt, hat die Kraft, einen eigenen Sog in die Zukunft zu entfalten (das nennt sich Propensität). Da möchte ich lieber positive Gestaltungsräume aufzeigen als die ewigen Mühlen der Zukunftsskepsis zu bespielen.

Wie reagieren die Menschen auf "deine" Zukunftsbilder?

Das ist sehr unterschiedlich; auf Veranstaltungen ist das Feedback überwiegend sehr positiv, nicht zuletzt, da ich nicht die eine, unveränderliche Zukunft verkaufe. Davon halte ich im Übrigen auch überhaupt nichts. Stattdessen biete ich immer unterschiedliche Aspekte möglicher Zukünfte an, über die man dann konstruktiv in den Austausch kommen kann. Selten gibt es kompletten Gegenwind, einmal ist sogar ein Mann während einer Keynote aufgestanden und wollte mich belehren, dass meine Ausführungen komplett an der Realität vorbeigingen. Das sah zum Glück nicht nur ich, sondern auch der Rest des Publikums anders und nach einem kurzen Wortwechsel wurde er vom Veranstalter aus dem Raum geführt.
In den "sozialen" Medien ist das schon anders. Ich habe einige politisch angehauchte Videos bei Tiktok, die dort natürlich vom rechten Rand ständig angegriffen werden. Ich darf mir dann anhören, ich sei Propagandist oder schlicht Lügner, oder auch Schlimmeres. Damit kann ich aber umgehen und versuche dennoch stets, die Perspektive der Gegenseite zu verstehen. Unangenehm wird es nur, wenn Drohungen kommen und zusätzlich immer häufiger die Route zu meinem Firmensitz abgerufen wird. Das hält mich trotzdem nicht davon ab, weiter über menschen- und umweltgerechte Zukünfte zu sprechen.

Manche nennen dich Future Punk - warum?

Ich sehe zwar nicht aus wie das, was man sich unter einem Punk vorstellt, aber was ist schon Punk? Die Ärzte haben einen ganzen Song darüber geschrieben, was Punk sein kann ("Punk ist") und ich sehe mich da in der Tradition derjenigen, die Systeme und Mechanismen sehen, obwohl sie teilweise sogar Teil derer sind. Sie sehen sie nicht nur, sondern hinterfragen sämtliche Annahmen. Mein guter Freund und Ex-Chef Jan Berger (inzwischen Geschäftsführer von Themis Foresight) teilt meine Ansicht, dass gute Zukunftsforschung auch darauf beruht, dass man unethisch denken kann. Wie sonst hätte ich entgegen der Massenmeinung ein paar Monate vor dem Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine zu dem Schluss kommen können, dass dies passiert? Weil ich denken kann wie ein "Zar". Ich kann auch denken wie ein CEO einer Mineralöl- oder Rüstungs-Firma. Ich sage Autozulieferern, dass ihr Geschäftsmodell kaputt und nicht zukunftsfähig ist, rate aber gleichzeitig Immobilienfirmen zum Downsizing und Automatisierung. Das alles hat nicht immer etwas mit meinen privaten Überzeugungen und Taten zu tun; also: Future Punk.

Welche Methoden benutzt die Zukunftsforschung?

Das sind zu viele, um sie hier aufzuschreiben; ebenso könnte man fragen, welche Methoden die Archäologie oder Volkswirtschaftslehre verwenden. Es handelt sich immer um den passenden Mix für die jeweiligen Forschungsfragen und Hypothesen. Häufiger tauchen Delphi-Befragungen auf, das sind Expertenpanels mit mehreren Durchgängen. Man befragt beispielsweise in Interviews oder Online-Fragebögen Expert:innen, aggregiert die Ergebnisse und legt sie demselben oder einem erweiterten Panel wieder vor. Die Methode eignet sich besonders dann, wenn man sehr komplizierte und in eher weiter Zukunft gelagerte Themen ergründen möchte. Die Szenariotechnik ist darüber hinaus in der Zukunftsforschung eine Besonderheit; Zukunftsszenarien der Zukunftsforschung sind, anders als klassische Szenarien, sehr robuste und gut erforschte, plausible Zukunftsbilder. In der Regel versucht man damit, einen Zukunftsraum zu explorieren und Gestaltungsräume zu identifizieren. Das Herzstück jedes Szenarioprozesses sollte die Konsistenzbewertung der vorher gesammelten Grundlagen und Projektionen sein, die in jedem Fall computergestützt berechnet werden soll. Immerhin hat man es in klassischen Prozessen mit vielen Milliarden Kombinationsmöglichkeiten zu tun - und man braucht am Ende ja nur eine Handvoll Szenarien.

Welche Eigenschaften braucht man als Zukunftsforscher:in?

Erstens sind das vermutlich die üblichen, die man braucht, wenn man an der Schnittstelle von Forschung und Praxis arbeitet. Zweitens gehört dazu aber im Wesentlichen auch eine gewisse Offenheit und Neugier gegenüber Zukünften. Drittens bedeutet dies ein tiefgreifendes Verständnis von Komplexität, Emergenz, Kontingenz und Chaos. Viertens muss mir klar sein, dass ich eher Historiker:in als Prognostiker:in bin. Und fünftens hängt das genaue Set an Eigenschaften oder Kompetenzen davon ab, in welchem Einsatzfeld und Umfeld ich mich betätigen möchte. Ich persönlich bin einerseits Analytiker und liebe es, mich in Datenberge zu stürzen und tagelang umfangreiche Tabellen zu interpretieren. Andererseits liebe ich Bühnenauftritte und die Vermittlung von Zukünften. Andere sind stärker in der theoretischen Methodenarbeit oder der Konzeption und Durchführung von Workshops. Einige arbeiten sehr streng in Branchenkontexten oder festangestellt als Foresight-Analyst oder Trendscout; andere sind selbstständig oder in kleinen Beratungsunternehmen unterwegs.

Lieben alle Zukunftsforscher:innen Science Fiction?

Viele, die ich kenne, haben auf jeden Fall ein Faible für die eine oder andere SciFi-Richtung. Ich würde aber nicht so weit gehen zu sagen, dass alle SciFi lieben. Aber die dahinterliegende Annahme ist schon richtig: Science Fiction funktioniert ähnlich wie Zukunftsforschung an manchen Stellen, nur dass bewusst eine deutliche Verstärkung wie mit einem Brennglas auf die Grundannahmen vorgenommen wird. Die Zukunftsforschung hingegen modelliert eher plausible und wenigstens konsistente Zukunftsbilder.

Ist Foresight das gleiche wie Zukunftsforschung?

Nicht ganz. Foresight übersetzt sich ins Deutsche als "strategische Vorausschau", ist also per Definition an einen Organisationskontext gebunden. Zukunftsforschung kommt in vielen Spielarten und versteht sich in der Regel eher als übergreifende, kritisch-rationale Disziplin. Foresight ist gewissermaßen die Übersetzung von Zukunftsforschung in ein Unternehmen oder eine Behörde.

Gibt es historische Beispiele, bei denen Zukunftsforschung Einfluss auf ein Ereignis hatte?

Ja, wobei die Faktenlage recht schwierig ist - das nennt man dann Präventionsparadox. Ein gutes Beispiel ist der Atomwaffensperrvertrag von 1968. Schon vor dem Abwurf der ersten Atomwaffen auf Hiroshima und Nagasaki 1945 gab es Expertenpanels, die die sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Folgen des Einsatzes von Kernwaffen antizipiert haben. Einige Organisationen taten sich in den 1950er Jahren, als die Aufrüstung der USA und der Sowjetunion begann, zusammen und schauten immer weiter, welche Auswirkungen dies haben könnte. Und so empfahlen sie (und andere) das Verbot, das ja dann auch beschlossen wurde und bis heute gilt. Ein anderes Beispiel ist die Eindämmung umwelt- und klimaschädlicher Stoffe wie FCKW oder später Asbest, welche sich unter anderen auf die Studie "Die Grenzen des Wachstums" von 1972 zurückführen lassen. Persönlich kann ich aber auch ein schönes Beispiel berichten: 2019 habe ich bei vielen Veranstaltungen darüber gesprochen, dass in den kommenden drei Jahren eine Pandemie sehr wahrscheinlich ist. Ein großes Pharmaunternehmen hat diese Warnprognose ernstgenommen und tatsächlich einige Prozesse in der Forschung und Entwicklung angepasst und sich anschließend bedankt.

Was sind schwarze Schwäne? Sind diese erst zu nehmen oder nur Hirngespinste von Pessimisten?

Schwarze Schwäne sind im Grunde Wildcards, also äußerst unwahrscheinliche, im Falle des Eintretens aber sehr einflussreiche Ereignisse oder Entwicklungstendenzen (Trends). In unserer Zeit kennen wir das alle: Die Corona-Pandemie 2020 war so ein schwarzer Schwan, aber auch der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine 2022 oder die Hamas-Attacke auf Israel 2023. Ehrlicherweise waren das alles keine Phänomene, über die noch nie jemand nachgedacht hat. Doch kaum jemand hat ernsthaft die potenziellen Auswirkungen rechtzeitig antizipiert. Und das ist eins der Kernprobleme in der Umsetzung von Zukunftsforschung in die Praxis. Oft lassen sich zwar die Ereignisse nicht verhindern, aber durch eine kluge, proaktive Anpassung der Prozesse und Strategien kann sich eine Organisation sehr wohl auf Schocks vorbereiten.

Unterliegt die Zukunftsforschung wissenschaftlichen Standards? Ist sie eine richtige Wissenschaft?

Die Zukunftsforschung als fachliche Disziplin hat sehr wohl Gütekriterien und Standards, die mehrfach dokumentiert sind. An den Universitäten wird das auch durchgehend sehr strikt so praktiziert. In der Wirtschaft und öffentlichen Verwaltung wiederum haben wir aber eher mit Foresight zu tun, wo die wissenschaftlichen Standards zugunsten von zeitlicher und finanzieller Effizienz eher in der zweiten oder dritten Reihe stehen. Ein einfaches Beispiel ist, dass Interviews in der Wissenschaft sehr kleinteilig dokumentiert und analysiert werden. In der Praxis genügt meist die Kernaussage aus einem Gespräch, weshalb man hier den Prozess in der Regel abkürzt.

Arbeitet ihr qualitativ oder quantitativ?

Beides! In Projekten kombiniere ich persönlich sehr gern unterschiedliche methodische Ansätze, die unterschiedliche Perspektiven auf die Untersuchungsgegenstände werfen. Ich würde aber sagen, dass der Großteil der Projekte eher qualitativ bearbeitet werden. Als Auftraggeber muss man allerdings aufpassen, dass auf der anderen Seite keine Scharlatane sitzen, die ihre Zukunftsaussagen aus den Ärmeln schütteln. Ein methodisches Gerüst und auch ein gewisser Grad an Transparenz ist wahnsinnig wichtig. Für mich kommt noch hinzu, dass partizipative Prozesse immer besser sind - das heißt, Auftraggeber arbeiten mit an der Erzeugung von Inhalten, Thesen, etc.

Warum sind alle (oder viele) deiner Beiträge positiver Natur? Eigentlich wird doch alles nur schlimmer?

Alles eine Frage der Perspektive! Mit meiner Arbeit versuche ich ja gerade, meine Adressaten vor die Welle zu bringen. Wer sich strukturierte Gedanken über mögliche Zukünfte macht und sich rechtzeitig mit technologischen, wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Trends befasst, ist hinterher weniger überrascht oder im besten Fall vorbereitet. Dazu zählen die großen "Megatrends" genauso wie Teilaspekte daraus.

Wie wirst du (wenn du so viel über unsere Zukunft weißt) nicht zum Pessimisten?

Dadurch, dass ich so viele Varianten der Zukunft schon durchgespielt habe, sehe ich keinen Grund, pessimistisch zu sein. Es gibt immer auch mögliche und plausible Zukünfte, die in eine positive Richtung deuten. Ich arbeite daran, die richtigen Akteure immer wieder darauf hinzuweisen, dass sie sich zwar vor den negativen Zukünften schützen, jedoch gleichzeitig auch die positiven wahrscheinlicher machen. Dazu zählen Unternehmen ebenso wie Regierungsstellen. Und je häufiger meine Zunft das tut, umso besser klappt das auch. Dem Bild des Pessimisten würde ich zudem entgegnen, dass ich eher der stoischen Philosophie folge, alles erst einmal akzeptiere und Optionen auslote. Das einzig Belastende daran ist, dass ich - wie die Kassandra in der griechischen Mythologie - sehr häufig natürlich unzufrieden bin, weil rückwärts betrachtet dann doch zu wenig getan wird, um Unheil abzuwenden. Aber ich habe ja hoffentlich noch einige Jahrzehnte... :)

Wie kann ein studierter Zukunftsforscher fundierte Aussagen über ihm fremde Fachgebiete treffen? Sollten das nicht die Experten des jeweiligen Gebietes tun?

Das muss kein Widerspruch sein! Es stimmt, dass ich nur in wenigen Fachgebieten wirklich als Experte auftreten kann. Das sage ich ja auch immer wieder öffentlich. Aber durch mein Netzwerk und meine Methoden bin ich in der Lage, gehaltvolle Aussagen von Expert:innen aus Fachgebieten zu bewerten und die Expert:innen wiederum in den Austausch zu bringen. Das ist dann vielleicht auch nicht immer akkurat, aber sehr viel besser, als wenn ich mir selbst eine "Meinung" bilden und diese proklamieren würde. So machen es leider viele, die den Beinamen "Zukunftsforscher" vor sich her tragen - damit richten sie großen Schaden für unser Metier an. Ich hoffe, dass wir eines Tages verbindliche Standards haben und der Beiname "Zukunftsforscher" (oder ein anderer) geschützt ist. Bis dahin gilt "nur" Reputation.

 

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FAQ eines Zukunftsforschers

In diesem Beitrag möchte ich die Fragen beantworten, die mir als Zukunftsforscher in den letzten Jahren am häufigsten in Interviews und im Bekanntenkreis gestellt wurden. Willkommen zu den FAQ (frequently asked questions, dt.: häufig gestellte Fragen) eines Zukunftsforschers - sortiert nach Häufigkeit!

Bei wie vielen Prognosen lagst du richtig?

Die Antwort kann gar nicht anders lauten als: 42. Das ist natürlich Quatsch, denn einerseits zähle ich das wirklich nicht. Natürlich freue ich mich mehr oder weniger, wenn ich richtig liege bei Entwicklungen globalen Ausmaßes. Dass ich 2019 an vielen Stellen eine Pandemie in den nächsten drei Jahren vorhergesagt habe, ist inzwischen bekannt. Ende 2021 überlegte ich unter anderem in meinem eigenen Podcast "Im Hier und Morgen", ob die russische Armee die Ukraine völkerrechtswidrig noch vor oder erst nach Silvester 2021 angreift. Meine Masterarbeit habe ich 2013 über "Kostenlosen ÖPNV" geschrieben und im Wesentlichen das Deutschlandticket als gute Lösung vorhergesagt. Aber wie viele richtige Prognosen nun insgesamt dabei waren, ist schwer zu ermitteln, da ich viele Aussagen ja auch in Diskussionsrunden in mehr oder weniger exklusivem Kreis mache, die womöglich nicht dokumentiert werden. Rein wissenschaftlich ist es also kaum möglich, eine vollständige Statistik zu erstellen.

Andererseits geht es in der Zukunftsforschung nicht unbedingt darum, richtig zu liegen. Wichtiger ist es, die von heute aus plausiblen Zukünfte zu durchdenken und Gestaltungsräume in der kurz-, mittel- und langfristigen Perspektive zu erarbeiten. Allein mit der Formulierung solcher Zukunftsbilder liefern wir also einen Teil dazu, dass die Zukunft anders wird als es heute noch plausibel (umgangssprachlich: wahrscheinlich) wäre. Im Gegenteil spielen auch Warnprognosen oft eine Rolle - das heißt, dass einige Zukunftsaussagen durchaus überspitzt formuliert werden, um Energien zu mobilisieren, sie zu verhindern.

Leider enden wir in meinem Metier oft wie die Kassandra aus der griechischen Mythologie: Wir warnen, zeigen sowohl Chancen als auch Risiken auf, aber letztlich gewinnt oft die Systemträgheit, weil man doch zu neugierig ist, das trojanische Pferd in die Festung zu lassen und zu schauen, ob die Warnung nicht doch falsch war.

Wie wird man eigentlich Zukunftsforscher:in?

Es gibt viele Lager, Beziehungsstatus: kompliziert. Anders ausgedrückt, die meisten, die in den Medien als "Zukunftsforscher" (bewusst nicht gegendert) bezeichnet werden, verdienen diesen Titel nicht. Als Zukunftsforscher werden oft schon Menschen bezeichnet, die aus ihrer Disziplin heraus Aussagen über die Zukunft treffen. Nichts könnte falscher sein, da Zukunftsforschung per se interdisziplinär ist und mindestens transdisziplinär arbeitet. Diese Bildungslücke bei Journalist:innen versuchen die Verbände und Vereine der akademischen Zukunftsforschung seit Jahrzehnten ohne nennenswerten Erfolg zu füllen.

Ich für meinen Teil bin einer derjenigen, die Zukunftsforschung studiert haben. Man muss es aber nicht studiert haben, um als Zukunftsforscher:in zu arbeiten - man sollte aber die Gütekriterien und Standards der Zukunftsforschung kennen und, soweit möglich, achten. Wer seine Quellen nicht hin und wieder offenlegt, keine methodischen Grundlagenkenntnisse hat, sollte sich also eine andere Berufsbezeichnung suchen. Böse Zungen bezeichnen diese Leute als Scharlatane und ich hege gewisse Sympathien für den Begriff.

Wie bitte, man kann Zukunftsforschung studieren??

Ja, seit 2010 gibt es den Masterstudiengang Zukunftsforschung an der Freien Universität Berlin, danach kamen einige ähnliche Studiengänge in Deutschland hinzu, bspw. an der TH Ingolstadt. International ist man da (wie immer) schon weiter. Highlights liegen in Finnland, Südafrika und Hawaii. Die internationale Community der Zukunftsforschung ist gut vernetzt und auf allen Kontinenten sehr aktiv, mit unterschiedlicher struktureller bzw. institutioneller Anbindung. Der international wichtigste Verband ist die World Futures Studies Federation.

Wie lautet der Titel eines studierten Zukunftsforschers?

Master of the Future!

... leider nicht, es ist ganz staubig: Master of Arts Zukunftsforschung.

In welchen Bereichen arbeiten Zukunftsforschende?

Es gibt im Grunde vier Arten der Beschäftigung. Die erste ist wie ich selbstständig bzw. mit einem meist sehr kleinen Forschungsinstitut (PROFORE) unterwegs. Die zweite Art findet man am ehesten in großen Unternehmen in der Nähe der Strategieabteilung - für mich ist die Arbeit im Konzern ungefähr das Gegenteil von Selbstständigkeit und passt nicht zu meinem Naturell. Der Mittelstand springt so langsam auf das Thema auf, nennt es aber meist "Trendscouting" oder ähnliches. Die dritte Beschäftigungsart für Zukunftsforschende ist in der Wissenschaft oder wenigstens freien Forschung, bspw. beim IZT oder verschiedenen Fraunhofer-Instituten; hier besteht ein nennenswerter Anteil der Arbeit darin, Förderanträge zu befüllen, um die kommenden Projekte zu finanzieren - auch nicht meine Lieblingsbeschäftigung. Die vierte und wohl bekannteste Art sind Trendforschungs-"Institute", die im Wesentlichen aktuelle Trends analysieren und relativ oberflächlich in die Masse tragen. Einige nennen sich Thinktank bzw. Denkfabrik, andere behaupten sogar, sie seien Zukunftsforschungsinstitute, wieder andere gehen sehr offen damit um, dass sie Trendwissen herunterbrechen auf einzelne Branchen und Unternehmen. Auf Anfrage gebe ich gern konkrete Auskunft, welches der Unternehmen in diesem Feld zu welcher Gattung zählt.

Darüber hinaus gibt es natürlich auch zunehmend Aufmerksamkeit in der Politik und öffentlichen Verwaltung sowie zahlreichen NGOs, Vereinen und Verbänden.

Und wie wird die Zukunft?

Diese Frage kommt fast immer als typische Cocktailparty-Frage, wenn ich sage, dass ich Zukunftsforscher bin. Wer kurz darüber nachdenkt, merkt dann schnell, dass die Frage an sich natürlich unmöglich zu beantworten ist. Ich antworte in der Regel mit Gegenfragen; welches Jahr? Für wen? Welcher Bereich der Gesellschaft? Eher die zuversichtliche oder bedrückende Perspektive? Manchmal sage ich aber auch einfach: "Alles super." Zukunft ist erst einmal nur eine grammatische Zeitform und je weiter wir uns von der Gegenwart entfernen, desto mehr Möglichkeiten gibt es - irgendwo zwischen Weltuntergang und Kant'schen ewigem Frieden liegt die Antwort.

Wo auf der Welt ist die Zukunftsforschung bzw. Foresight besonders aktiv?

Das ist schwer zu beantworten. Ursprünglich stammen viele Methoden und damit auch Institutionen aus den USA, aber auch Frankreich, Großbritannien und Deutschland waren grundlegend früh dabei. Aktuell dominieren in der World Futures Studies Federation Stimmen aus Dubai und Singapur, doch auch die lateinamerikanische Community ist sehr aktiv. Eine der wichtigsten internationalen Vordenkerinnen ist wiederum Jennifer Gidley aus Australien, die unter anderem das fantastische Buch "The Future: A Very Short Introduction" (Oxford University Press) geschrieben hat.

Was hältst von Megatrends?

Die ursprüngliche Idee stammt von John Naisbitt aus den 1980er Jahren und wurde nicht nur hierzulande von einigen findigen Unternehmern gekapert und vergoldet. Dass Megatrends empirisch nicht haltbar sind und auch theoretisch bei näherer Betrachtung unsinnig sind, verraten diese Unternehmer selten. Megatrends sind letztlich nicht viel mehr als das Abbild einer globalisierten Welt, in der bestimmte Themen in der kollektiven Wahrnehmung eine größere Rolle spielen als andere. Megatrends sind praktisch der Stammtisch der Trendforschung - man kann kaum widersprechen, aber konkret wird's dann doch nicht. Außerdem entfalten Megatrends auch dadurch eine eigene Dynamik, dass sie gebetsmühlenartig wiederholt werden und gewissermaßen als sich selbst erfüllende Prophezeiung immer wieder die Sau durchs Dorf treiben. Allein der Begriff "mega" sollte aber seriöse Entscheider:innen davon abhalten, sich genau davon infizieren zu lassen.

Die Trend- und Zukunftsforschung hat es in Deutschland nicht leicht. Woran liegt das?

Ich vermute, dass dies genau mit dem missbräuchlichen Umgang mit Trends zu tun hat. Das ist ähnlich wie mit Meinungsumfragen: Wenn ich nicht genau weiß, welche Annahmen und welches Sample die Grundlage für eine Umfrage gelegt hat, sollte ich sie meiden. Trendforschung hat in Deutschland erheblichen Schaden dadurch angerichtet, dass Narrative beispielsweise aus dem Silicon Valley übernommen und als erstrebenswerte Realität verkauft wurden. Aber so einfach ist das Geschäft mit der Zukunft nicht. Doch wer sich als Prophet in der Tradition von Nostradamus sieht und unsinnige, verallgemeinerte Aussagen verbreitet, die kaum jemandem wirklich helfen, sät das Chaos.

Wie erhebt man Daten über die Zukunft?

Gar nicht. Wir arbeiten leider - im Gegensatz zum Video auf meiner Startseite - ohne Zeitmaschine und können nur Daten aus der Vergangenheit und "Gegenwart" erheben und auswerten. Was wir dafür sehr gut können, ist Plausibilität abzubilden und dadurch Gestaltungsräume zu finden, die vorher im Verborgenen blieben. Dadurch sind wir selten wirklich überrascht, wenn im Großen oder Kleinen mal wieder etwas "Unerwartetes" passiert, weil wir uns zwar meist nicht über das konkrete Ereignis, sehr wohl aber ein vergleichbares Event mit ähnlichen Auswirkungen Gedanken gemacht haben.

Wie weit schauen Zukunftsforschende in die Zukunft?

Das hängt von der Fragestellung ab. Für gewöhnlich möchten Unternehmen eher einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren dargestellt bekommen, da sie selbst mit ihrer Strategie und Vision bereits die nächsten fünf Jahre antizipiert haben. Sie wollen sich auf das vorbereiten, was dahinter kommt, aber bitte auch nicht allzu weit. Fair. Öffentliche Auftraggeber sind meist am Zeitraum 10-25 Jahre interessiert. Dann gibt es auch Projekte, in denen es zum Beispiel um die Bau-, Immobilien- oder Forstwirtschaft geht, wo man seit eh und je in einem Jahrhundert denkt. Das ist herausfordernd und ehrlicherweise auch oft inspiriert durch Science-Fiction. Für alles weitere kombinieren wir alles, was wir wissen (die sogenannten known knowns), mit allem, von dem wir wissen, dass wir es nicht wissen (known unknowns). Wir machen aber auch Aussagen darüber, was wir nicht wissen, nicht zu wissen (unknown unknowns) und schätzen auf Nachfrage die potenziellen Auswirkungen ein.

Woran erkenne ich gute Zukunftsforschung?

Das ist wahnsinnig schwierig, da es (noch) keine Standards nach DIN oder ISO gibt. Immerhin hat sich die UNESCO schon vor vielen Jahren dem Thema "Futures Literacy" (dt.: Zukünftebildung) angenommen und einen eigenen Leitstuhl (Chair) dafür eingerichtet. Daneben wäre es aus Sicht eines Auftraggebers unbedingt empfehlenswert, danach zu fragen, ob der:die Auftragnehmer:in die Standards und Gütekriterien der Zukunftsforschung kennt und befolgt - dazu gehört dann Transparenz, Offenlegung der Annahmen, Nachvollziehbarkeit und ein paar weitere. Einen Pocketguide Zukunftsforschung zum Thema gibt es kostenlos auf der Website der FU Berlin.

Gibt es ein Gütesiegel für gute Zukunftsforschung?

Nein, noch nicht - das wäre mal eine gute Aufgabe für das Netzwerk Zukunftsforschung! Dieses hat auch den Sammelband der Standards und Gütekriterien (s.o.) initiiert.

Was ist der Unterschied zwischen Trend- und Zukunftsforschung?

Trendforschung schaut eher auf sehr spezifische Branchen- oder Modetrends. Beispiele dafür sind Prognosen, welche Farbe nächstes Jahr in den Bekleidungsläden dominiert, welcher Antriebsstrang bei Fahrzeugen in zehn Jahren das Rennen gemacht haben wird oder wie die Gen Z* demnächst wählen wird.

Zukunftsforschung stellt grundsätzlich zuerst Fragen, welche Intention mit einem Vorhaben verbunden ist, welcher Zeitraum relevant ist, welche Vorarbeit schon geleistet wurde und ob es wirklich angestrebt wird, bestehende Muster infrage zu stellen. Meine erste Frage bei Projekt- oder Keynote-Anfragen ist: Beauftragt mich die Kommunikation oder die Strategie?

Ich vergleiche die beiden Herangehensweisen, die durchaus beide ihre Berechtigung haben (siehe Beitrag über die Methoden der Zukunftsforschung), gern mit einer Erstbegehung eines dunklen Kellers in einem leer stehenden Haus (= Zukunft). Um herauszufinden, was sich dort unten befindet, geht die Trendforschung vorsichtig die Treppe herunter und hält sich am Geländer fest (= bekannte Rahmenbedingung). Am Ende des Geländers bleibt sie stehen und überbringt den oben Wartenden die frohe Botschaft, dass das Geländer aus Kirschholz besteht, die Verzierungen wunderbar kreativ sind und die Treppenstufen nicht genormt sind. Das ist alles, was im Schein des von oben herunter scheinenden Tageslichts wahrnehmbar war. Was den Rest des Kellers betrifft, bleibt die Trendforschung vage - es war auch nicht ihr Auftrag. Die Zukunftsforschung überlegt sich vorher, ob dort unten im Keller eine Taschenlampe, ein Schutzhelm, eine Fliegenklatsche, vielleicht sogar eine Verteidigungswaffe nötig sein könnte; man weiß ja noch nicht, was einen nach der Treppe erwartet! Allein für die Vorbereitung wendet sie mehr Zeit auf, geht dann aber nach der Treppe deutlich weiter. Sie leuchtet alle Winkel aus, hebt möglicherweise Möbel hoch, und übersieht dennoch garantiert etwas. Und das sagt sie dann auch, wenn sie wieder zurück im Erdgeschoss ist. Weitere Antworten über dort unten befindliche Gegenstände, den Luftdruck, den Staub, etc., gibt sie weiter, wenn sie für die Fragestellung der Erdgeschossler relevant sind.

*Gen X, Gen Y, Gen Z, Gen Alpha... diese Konzepte sind empirisch übrigens kompletter Unsinn und sollten mit Vorsicht behandelt werden! Siehe dazu den glorreichen Aufsatz von Dr. Martin Schröder "Der Generationenmythos". Umgangssprachlich zusammengefasst: es gibt mehr Wert-Unterschiede innerhalb von Geburtenjahrgängen als zwischen diesen Jahrgängen. Noch umgangssprachlicher: Oma und Enkel sind sich in puncto Werte meist ähnlicher als deren Mitschüler oder Kolleginnen.

Was ist der Unterschied zwischen Science-Fiction und Zukunftsforschung?

Science-Fiction (SF) ist eine ernstzunehmende Literaturgattung und einige Werke (Romane, Filme, Serien) machen wirklich einen guten Job in der Modellierung von Zukünften. Das heißt, sie sind in sich plausibel und man könnte argumentieren, dass die beschriebenen Geschichten unter bestimmten Voraussetzungen meist technologischer Natur auch "realistisch" sind. Doch SF ist immer auch polarisierend, denn so funktioniert Unterhaltung: Ich brauche zwar einen Anker, in den ich mich aus meiner heutigen Realität hineinversetzen kann, doch dann muss das Zukunftsbild mit einigen meiner Werte und Weltanschauungen kollidieren, um Emotionen in mir auszulösen.
Zukunftsforschung hingegen extrapoliert und polarisiert weniger. Es geht vielmehr um die Sammlung von quantitativen und qualitativen Daten über einen Forschungsgegenstand, anschließend bilden wir - oft mit Auftraggebern - Annahmen über plausible Projektionen der wichtigsten Schlüsselfaktoren, schätzen dann ein, inwieweit bestimmte Projektionen logisch miteinander koexistieren könnten und dann berechnen wir softwaregestützt, welche Szenarien im Bereich des Möglichen liegen. Insofern sind wir eher Zukunftsarchäologen als Wahrsager oder fiktionale Autor:innen. Natürlich gibt es auch Projekte, in denen wir eher wünschenswerte Szenarien entwerfen, aber die kommen selten aus der Wirtschaft und Verwaltung, eher von NGOs oder einzelnen Teams, die in einem Visionsprozess stecken.

Wenn die Zukunft nicht feststeht, nicht deterministisch ist, warum gibt es dann Zukunftsforschung?

Einfach: Tunnelblick - Geschlossene Systeme sind schlecht in der 360°-Betrachtung, weil sie um ihren Nukleus kreisen. Anders ausgedrückt: Der Zweck jedes Systems - Zelle, Familie, Firma, Regierung - ist, sich permanent darum zu kümmern, dass die Daseinsberechtigung erhalten bleibt (Autopoiesis). Da kann man nur auf Sicht fahren und das ist okay. … Wir bieten ein umfangreiches Set an Orientierung, aus denen sich Gestaltungsmöglichkeiten ergeben, die natürlich von bestimmten Parametern abhängen. Einfach gesagt: Wir modellieren eine sehr komplexe "wenn, dann"-Matrix, sprechen auch über Wildcards wie Pandemien, Vulkanausbrüche oder sonstige eher unwahrscheinliche, im Eintreten aber einflussreiche Entwicklungen. Daraufhin liegt die Verantwortung wieder beim Auftraggeber, entsprechend die Prozesse, Verträge und Strategien zu überprüfen.

Letztlich verstehe ich mich eher als Komplexitätsmanager und Impulsgeber, um Organisationen zu befähigen, im Rahmen der plausiblen Zukünfte wirksam ihre eigenen Einflusssphären im Einklang mit sozialer und ökologischer Umwelt zu gestalten. Es ist meine feste Überzeugung, dass so viele Menschen wie möglich mehr Zeit mit der Antizipation möglicher Zukünfte verbringen sollten; dann wäre die Welt im besten Fall ein besserer Ort. Im schlimmsten Fall würden einige Menschen etwas Zeit am Tag mit Grübeln verbringen.

Warum hältst du Vorträge (Keynotes) über die Zukunft?

Das hat viele Gründe. Persönlich macht es mir einfach Spaß und ich habe eine Neigung dazu, mich auf Bühnen wohlzufühlen. Wichtiger ist aber, dass besonders auf Veranstaltungen aller Art Impulse über mögliche Zukünfte wahnsinnig wichtig sind. Denn in dem Moment, in dem Zukunftsbilder diskutiert werden, erhöht sich die Chance, dass diese auch eintreten (Propensität) - deshalb neige ich auch zu zuversichtlichen Botschaften. Das Ganze basiert zu einem guten Teil auf Erkenntnissen aus der Forschung und individueller Vorbereitung, letztlich aber natürlich in einem oft eher Entertainment-lastigen Format auch auf einer stringente, unterhaltsamen Argumentation.

Welche Quellen nutzt du für deine Recherchen?

So viele wie möglich, so wenige wie nötig. Pragmatisch gesprochen hängt das auch vom Budget ab. Was aber kontinuierlich passiert, ist das Verfolgen der großen Entwicklungen (Trends) in den Nachrichten (aber bitte nicht täglich), die Lektüre wichtiger Studien nennenswerter Markt- und Meinungsforschungsinstitute, Beobachtung potenzieller Wildcards und natürlich ein gut trainierter Google News Stream. Darüber hinaus führen wir Interviews mit Expert:innen für bestimmte Themen in Projekten oder Podcasts, um tiefgründige Einblicke in deren Zukunftsbilder zu erhalten. Last but not least tausche ich mich mit anderen Zukunftsforschenden und Foresight-Leuten regelmäßig aus, beispielsweise über den Alumniverein des Masterstudiengangs Zukunftsforschung "Kapitel21: Zukunftsforschung", den ich 2013 mitgegründet habe.

Offene Fragen?

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Keine Angst vor der Zukunft

Heute durfte ich beim Bundesverband der Vertriebsmanager Grußworte (ca. 20 Minuten) an die Mitglieder richten. Das Thema sollte einerseits um "Angst vor der Zukunft" kreisen, andererseits einen positiven Ausblick in plausible Zukünfte vermitteln. Da das Event online stattfand, habe ich mich gegen die "klassische" Variante mit einer Powerpoint-Präsentation entschieden und stattdessen einen Nachdenktext vorgetragen. Diesen möchte ich nun auch hier veröffentlichen und wünsche viel Spaß & Erkenntnis.

Intro

  • Moin. Ich bin ein echter Zukunftsforscher, das heißt, ich habe unter anderem den Masterstudiengang Zukunftsforschung studiert. Ich arbeite seit 11 Jahren daran, aktuelle Trends zu verstehen und Einschätzungen zu möglichen Szenarien zu geben.
  • Das tue ich unter anderem als Inhaber des PROFORE Zukunftsinstituts, als Keynote Speaker, Autor und Podcaster.
  • Vielleicht fragen sich jetzt einige, ob ich die Zukunft auch vorhersagen kann. Nein, kann ich nicht. Aber ich lag schon oft richtig: Corona habe ich Mitte 2019 angekündigt, fast ein Jahr vor dem Beginn der Pandemie. Den Krieg in der Ukraine habe ich in meinem Podcast Ende 2021 thematisiert, also rund ein Vierteljahr vor dessen Beginn. Mein Whitepaper über Künstliche Intelligenz erschien im Oktober 2022 – zwei Monate vor ChatGPT.
  • Damit will ich nicht sagen, dass ich die Zukunft doch irgendwie vorhersehen kann, sondern dass die Methoden der wissenschaftlichen Zukunftsforschung verdammt gut darin sind, kommende Entwicklungen früher als die Allgemeinheit zu erkennen.
  • Aber heute wurde ich gebeten, einen Impuls zum Thema „Zukunftsangst“ vorzubereiten. Dafür habe ich keine Präsentation vorbereitet, wie sonst bei Keynotes und anderen Gelegenheiten, sondern ganz old fashioned einen Text für euch geschrieben.
  • Und der geht so.

Keine Angst vor der Zukunft

Angst ist eine reale, unmittelbare Emotion.

Der Angst-Teil unseres Gehirns, die Amygdala, hat Vorfahrt vor den meisten anderen neurologischen Vorgängen. Aus evolutionärer Sicht ist Angst überlebenswichtig für jede Spezies, denn sie hält uns oft von dummen Entscheidungen ab und sagt unseren Gliedmaßen eher: „LAUF!“ statt „mal abwarten, ob das Rascheln im Busch ein Tiger oder eine Tüte Popcorn ist“

Angst wird allerdings oft mit Furcht verwechselt: Angst ist der allgemeine Gefühlszustand im Hinblick auf die Zukunft, auf mögliche Ereignisse, die uns oder unseren Liebsten zustoßen könnten. Unser Gehirn simuliert permanent etwa eine Sekunde in die Zukunft, was als nächstes total schiefgehen könnte, weshalb wir in manchen Situationen erstaunlich schnelle Reflexe haben – wenn etwa jemand ein Glas vom Tisch stößt. Das ist dann weniger Angst als aufmerksame Beobachtung mit allen Sinnen.

Furcht wiederum ist die gerichtete Form der Angst: Ich fürchte mich vor Spinnen in meinem Bett, ich fürchte, dass das Glas vom Tisch fällt und ich mich daran schneide; ich fürchte mich vor einem Fahrradunfall auf dem Weg zur Arbeit, ich fürchte, dass die Faschisten in den sächsischen Landtag einziehen und die Demokratie zerstören.

Ich persönlich kenne Angst und Furcht sehr gut. Ich bin Traumapatient seit einer privaten Tragödie vor einigen Jahren; vor fast 3 Jahren habe ich einen schweren Fahrradunfall überlebt; ich habe einen 7 Monate alten Sohn, der letztes Wochenende in der Klinik am Beatmungsgerät hing.

Angst ist allgegenwärtig.

Wir fürchten uns ja auch in der Freizeit wirklich gern: Fällt euch ein Science-Fiction-Film ein, der eine komplette Utopie einer perfekten Welt beschreibt? Ich kenne keinen. Horror und Actionfilme funktionieren nur, wenn wir uns auch gruseln oder fürchten lassen, dass zum Beispiel der Protagonistin etwas zustößt – James Bond hätte nicht funktioniert, wenn der am Ende nicht immer wieder die Welt gerettet hätte.

Angst ist sexy, make Angst great again!

… aber doch bitte nur mit Happy End!

Die deutsche Gesellschaft kennt Angst besser als jede andere, weshalb uns oft die „German Angst“ zugeschrieben wird. Wir haben Angst vor Veränderung, Angst vor dem Statusverlust durch eine diversere Gesellschaft oder hohe Inflation. Wir haben Angst vor Innovationen, die die Erfindungen unserer Vorfahren obsolet machen könnten, Angst, dass uns die Politik das Auto verbietet oder Gender-Sternchen aufzwingt. Wir haben Angst vor Putin, Angst vor Trump, Angst vor Xi Jinping.

Angst ist also nicht einfach nur unser Hobby, Angst ist unsere Berufung.

Dabei ergaben diverse Umfragen selbst während der Corona-Pandemie, dass die Menschen hierzulande meistens Angst vor diffusen Schreckensbildern haben – privat und beruflich schätzt eine überwältigende Mehrheit ihre individuelle Zukunft sehr zuversichtlich ein. Wie passt das zusammen? Sind wir individuell naiv-optimistisch, aber kollektiv krankhaft-paranoid?

Mein Eindruck ist, dass uns gesellschaftlich das Verständnis einer gesunden Angst, die uns zu vernünftigen Entscheidungen leitet, abhandengekommen ist. Angst und Furcht sind keine Phänomene, die es nur in schwarz und weiß gibt, sondern auch in allen Farben dazwischen. Das ist eine zentrale Erkenntnis, wenn man sich Gedanken über die Zukunft machen möchte, die nicht durch Angst verzerrt sind.

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Ich bin Zukunftsforscher, Soziologe und Politikwissenschaftler. Ich genieße das fabelhafte Privileg, sehr häufig sehr klugen Menschen und mir selbst immer wieder die Frage stellen zu dürfen:

Welche anderen Perspektiven als Angst oder Zweifel können wir auf die Zukünfte richten?

Wir alle befassen uns mehr oder weniger strukturiert mit der Zukunft. Urlaubsplanung, Steuererklärung, Einkaufsliste, Rentenversicherung, Weihnachtsgeschenke. Paradoxerweise findet aber Zukunft für die meisten Menschen in der Regel kaum explizit statt.

Unser Bildungssystem ist ein verheerendes Beispiel dafür: Junge Menschen sollen Gehorsam lernen, sollen das Wiedergeben der Lehrpläne perfektionieren, es geht mehr ums Verwalten des Status Quo als das Erdenken und Gestalten der Zukunft. Und das wird uns gerade gesellschaftlich mit einiger Brutalität zurückgespiegelt.

Denn: Wer nicht nach einer plausibel erreichbaren Zukunft strebt, wird destruktiv oder depressiv. Das gilt für einzelne Personen genauso wie für Gesellschaften. Leider zieht sich dieser eklatante Zukunftsmangel bis in die höchsten politischen Ämter durch.

„Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“, hat Altkanzler Helmut Schmidt einst gesagt und ist damit der geistige Vater der Zukunftslosigkeit ganzer Generationen. Dass er das nicht so gemeint hat, hilft uns leider nicht mehr.

Doch ich möchte eure Zeit bei diesem Neujahrsempfang nicht mit Lamentieren vergeuden, denn Experten für Nörgelei gibt es wahrlich genug. Stattdessen möchte ich euch ab jetzt ausgewählte plausible, erreichbare positive Zukunftsszenarien der nächsten paar Jahrzehnte erzählen. Sie basieren auf den Erkenntnissen der seriösen Zukunftsforschung, sind also technologisch machbar und unter der Annahme wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Interessen konsistent – das heißt, sie widersprechen nicht anderen naturwissenschaftlichen Gesetzen und gängigen Prognosen.

Willkommen im Jahr 2050!

Lasst uns ausschließlich einen Blick auf die guten Errungenschaften werfen.

1. Gesundheit

Seit der Entdeckung der Genschere CRISPR/Cas9 im Jahr 2013 ist es möglich, die genetische Struktur von Lebewesen zu verändern. Und wir wissen ja längst, dass viele Gesellschaftskrankheiten durch bestimmte Kombinationen bzw. Prädispositionen der Gene begünstigt werden. Die gute Nachricht ist also: Im globalen Norden gibt es 2050 kaum noch bekannte Fälle von Diabetes, Alzheimer-Demenz, Parkinson, multipler Sklerose und selbst Krebs tritt nur noch selten auf und verläuft fast nie tödlich!

Künstliche Organe liegen in großen Organdatenbanken bereit für den Fall, dass durch einen Unfall oder eine unvorhergesehene Krankheit die Leber, Lunge oder das Herz ersetzt werden muss. Diese Datenbanken werden von den Krankenkassen verwaltet – die Premiumvariante ist natürlich auch im Jahr 2050 den Superreichen vorbehalten. Sie lassen sich besonders leistungsfähige Organe anfertigen, die nicht nur dann ausgetauscht werden, wenn die erste Version nicht mehr funktioniert. Schönheits-OP 2.0, sozusagen. Nur das Gehirn konnte bislang nicht dupliziert werden, aber das ist vielleicht auch gut so.

Natürlich gibt’s trotzdem noch diverse weniger schlimme Krankheiten; Körper und Geist brauchen auch gelegentliche Erkältungen, zudem entstehen immer neue Viren und Bakterien. Aber auch dagegen gibt’s ein Wundermittel: Mithilfe von Quantencomputern und künstlicher Intelligenz werden für bestimmte Krankheitsbilder seit vielen Jahren individualisierte Arzneimittel hergestellt.

Tatsächlich hat das zwei erstaunliche Entwicklungen begünstigt. Das eine ist, dass Menschen heutzutage sehr viel gesünder altern. Viele Alterskrankheiten und Todesursachen sind schlicht nicht mehr nötig. Heute ist es keine Seltenheit mehr, dass 90-Jährige einen Marathon laufen oder als Nachhilfelehrer ihre Rente aufbessern. Das zweite ist, dass einige wenige Menschen weit über 100 Jahre alt werden. Das liegt daran, dass nicht nur die Krankheiten heilbar wurden, die sonst den Tod bedeutet haben, sondern auch erste Mittel zugelassen wurden, die den Alterungsprozess einfrieren oder sogar umkehren! Der älteste Mensch ist im Jahr 2050 stolze 140 Jahre alt und auf dem körperlichen und mentalen Stand wie ein 50-Jähriger. Das verleiht einigen gesellschaftlichen Konzepten eine völlig neue Bedeutung: Was kostet eine Lebensversicherung? Wann gehen wir in Rente? Wie lange muss ich zur Schule gehen, wenn ich danach noch über 100 Jahre arbeiten werde? Wer heiratet noch, wenn „bis dass der Tod uns scheidet“ kein Ablaufdatum mehr hat? Brauchen wir ein Enddatum, zu dem das Leben enden soll?

2. Mobilität

Das Wichtigste vorweg: Ja, es gibt Flugtaxis. Gab es ja zu eurer Zeit auch schon, zumindest in Dubai und einigen anderen Orten der Welt. Auch in Deutschland sind sie inzwischen angekommen und entlasten den Verkehr auf den Autobahnen und in Ballungsgebieten zunehmend. Der größte Vorteil ist gar nicht unbedingt die individuelle Mobilität, sondern dass man dafür kaum Infrastruktur braucht. Immerhin gab es zu eurer Zeit rund 600 stillgelegte Kleinflughäfen, die inzwischen als Mobility Hubs genutzt werden.

Aber natürlich besitzt man kein Flugtaxi für den Privatgebrauch, sondern man mietet sich eins – einen Flugschein braucht man dafür nicht, weil es komplett autonom von A nach B steuert. Keine Angst: Es herrscht kein Chaos am Himmel, denn wie es sich für Deutschland gehört, sind die erlaubten Korridore recht eingeschränkt.

Aber überhaupt ist der Privatbesitz eines Fahrzeugs, das kein Fahrrad ist, im Jahr 2050 eher eine Seltenheit. Es ist seit Jahren viel einfacher und günstiger, ein Fahrzeug für den aktuellen Nutzungszweck zu mieten, als mehrere Tonnen Metall zu kaufen, zu versichern und für dessen Unterhalt zu sorgen. Sehr merkwürdiges Konzept, das ihr zu eurer Zeit noch „normal“ nennt. Selbstfahrende Autos, wie ihr sie euch vorstellt, gibt es trotzdem in der Form noch sehr wenig – das liegt daran, dass die Städte dafür einfach nicht geeignet sind. Außerorts ist das natürlich was anderes.

Derweil ist das Streckennetz im Schienenverkehr deutlich gewachsen, sodass die überregionale Bahnmobilität deutlich angenehmer wurde. 100 Prozent Pünktlichkeit bekommen wir trotzdem noch nicht hin, das ist weiterhin Zukunftsmusik 😉

3. Künstliche Intelligenz

KI ist im Jahr 2050 so normal und allgegenwärtig wie zu eurer Zeit die Verwendung von Smartphones. Im Arbeitsalltag heißt das: Die meisten Erwerbstätigen haben einen KI-Kollegen, der sie bei fachlichen Fragen, bei der Einhaltung des Freizeitausgleichs und für sämtliche Korrespondenz unterstützt. Das heißt auch, dass alle jetzt einen persönlichen Coach zur Stelle haben, mit dem sie konzeptionelle Fragen durchspielen oder die Selbstverwirklichung vorantreiben können. Ähnlich wie die Sozialabgaben werden die Kosten für diese KIs über einen kleinen Gemeinwohlbeitrag vom Bruttolohn abgezogen.

Es gibt keine Unternehmen und öffentliche Einrichtungen mehr, in denen KI nicht Standard ist. Alle Organisationen, die sich zu eurer Zeit nicht mit KI beschäftigt haben, gibt es schlicht nicht mehr. In einer Übergangszeit waren also einige Menschen arbeitslos, haben sich aber dann mit den Möglichkeiten von KI befasst und dann eine neue Existenz aufgebaut. Eine 40-Stunden-Woche gibt es längst nicht mehr, klar arbeiten einige so viel oder auch mehr, aber nicht mehr nur in einem Job. Die meisten haben nämlich auch ein zweites Standbein in Form einer freiberuflichen Arbeit oder eines Kleingewerbes, mit dem sie ihren Traum verwirklichen und dabei trotzdem noch gutes Geld verdienen. Ob das nun ein Job im Metaverse oder eine eigene Gärtnerei ist, spielt dabei keine Rolle.

Eine der markantesten Entwicklungen ist die Verschmelzung von KI und Mensch. Es gibt einige wenige, die sich tatsächlich kleine Computerchips direkt ins Gehirn transplantieren lassen, um unmittelbar per Gedankenkraft mit der KI kommunizieren zu können.

Wäre das was für euch?

4. Nachhaltigkeit

Zwar sind viele Prognosen aus eurer Zeit in Bezug auf den Klimawandel leider eingetreten, doch vieles hat sich auch zum Guten gewendet. Durch massive Anstrengungen der internationalen Staatengemeinschaft und der Zivilgesellschaft hat sich die Biodiversität nahezu erholt. Das hatte auch damit zu tun, dass seit etwa 2030 die Massentierhaltung verboten wurde – einer der wichtigsten Emittenten von Treibhausgasen. Es gibt zwar noch Fleisch von echten, toten Tieren im Handel, doch das ist sehr teuer. Stattdessen wird es für 95 Prozent des Verbrauchs künstlich hergestellt und zwar genau dort, wo es auch verbraucht wird: Im Supermarkt, Restaurant, der Kantine, im Zug oder Flugzeug. Das ist übrigens auch viel gesünder für die Menschen, hat aber trotzdem eine Weile gedauert, bis sich die Ernährungskultur darauf eingestellt hat. Die Technologie dahinter war zu eurer Zeit längst erforscht, doch die preisliche Wettbewerbsfähigkeit brauchte noch ein paar Jahre. Irgendwann fand es dann die Mehrheit der Gesellschaft barbarisch, lebendige Tiere zu schlachten, um ein leckeres Steak zu essen – und das kommt schneller als einige von euch heute vielleicht noch denken.

Stichwort Wettbewerbsfähigkeit: Wir haben ein Energieproblem im Jahr 2050, aber nicht das, was ihr jetzt denkt… wir haben nicht zu wenig, sondern ZU VIEL ENERGIE! Das liegt daran, dass der Ausbau Erneuerbarer Energien aus Wind, Sonne und Wasser so rasend schnell ging, dass Haushalte und Gewerbeimmobilien sich inzwischen fast komplett selbst versorgen können. Dazu kommen aber noch zwei weitere, disruptive Faktoren: Erstens ist die Kernfusion, die ja seit 2022 erwiesenermaßen funktioniert, seit ein paar Jahren auch kommerziell interessant geworden. Deshalb haben die meisten Staaten Kernfusionsreaktoren, die nahezu unendlich viel Energie erzeugen können. Zweitens haben wir aber auch riesige Photovoltaikanlagen im Weltall, die Sonnenenergie direkt dort oben einsammeln und per Mikrowelle an Stationen auf der ganzen Welt und dem Mond senden – wir dürfen ja nicht unsere Mitmenschen auf Mond und Mars vergessen, die haben ja auch Bedürfnisse. Das heißt also: Wir haben Energie im Überfluss und „müssen“ uns immer wieder neu überlegen, wie wir noch mehr Strom verbrauchen können, damit die Energienetze nicht überlasten. Für die Großindustrie ist das natürlich etwas anders, aber mit dem vielen Strom gibt es seit wenigen Jahren ein globales Netz für grünen Wasserstoff und das funktioniert erstaunlich gut.

Ach ja, Müll gibt’s auch nicht mehr. Seit den 2030er Jahren ist es weltweit vorgeschrieben, dass Unternehmen für das Recycling und Upcycling ihrer Produkte verantwortlich sind. Das hat komplett den Anreiz zerstört, möglichst schnell möglichst viele Produkte herzustellen, die irgendwo auf der Welt gekauft, benutzt und entsorgt werden. Stattdessen leben wir inzwischen in einer echten Kreislaufwirtschaft, in der alle Gegenstände und selbst defekte Geräte als Rohstoff wieder aufgewertet werden können und müssen. Das Paradigma hat sich entsprechend von schnellem Konsum bzw. schnellen Gewinnen gewandelt zu hochwertigen, langlebigen und problemlösenden Erzeugnissen. Dadurch sind auch viele Länder des globalen Südens immer schneller wirtschaftlich vorangekommen – seit das Energieproblem kein Problem mehr ist, haben sich die Währungen stabilisiert, Inflation ist überall moderat und es entstand vielerorts eine kreative, sehr facettenreiche neue Ökonomie. Das Zeitalter des Turbokapitalismus wurde abgelöst von einer für alle Lebewesen und Ökosysteme gewinnbringenden Form des Postkapitalismus. Ich meine nicht die Hippie- oder Trotzki-Version, sondern einen Kapitalismus, der andere Währungen kennt als Geld, nämlich das Gemeinwohl von Menschen überall auf dem Planeten und der Natur.

Zurück ins Jahr 2024.

Ich wette, dass diese Ausführungen einigen von euch im wahrsten Sinne fantastisch vorkommen – also basierend auf Fantasie. Doch hinter jedem einzelnen stecken nennenswerte Stränge in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Dieses Jahr erscheinen unter anderem drei Sammelbände von mir, die einige der genannten Themen unterfüttern – und ein Handbuch für KI in Unternehmen namens „KI jetzt!“.

Nach vielen Jahren und hunderten Mandaten im Kontext der seriösen Zukunftsforschung bin ich überzeugt: Wir sollten öfter über unsere positiven Zukunftsbilder sprechen. Und auch darüber streiten. Denn es ist ja offensichtlich, dass mein Blick in die Zukunft ein anderer ist als der meiner Nachbarin oder eines Kindes, das gerade in Lagos aufwächst. Doch wir werden uns und unsere Welt nicht retten, wenn wir nur über die Schattenseiten sprechen. Lasst uns häufiger und strukturierter über schöne Zukünfte sprechen.

Dann klappt’s auch mit der Angst, das verspreche ich euch.

Vielen Dank fürs Zuhören!

Foto von Etienne Girardet auf Unsplash


Neuer Imagefilm: Keynote Speaker Kai Gondlach

🌐 In meinem neuen Imagefilm nehme ich Sie mit auf eine faszinierende Reise durch die Zukunft. Als renommierter Zukunftsforscher, Keynote Speaker und Unternehmer ist es meine Leidenschaft, Themen wie Künstliche Intelligenz, Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Dekarbonisierung mit einem einzigartigen Ansatz zu präsentieren - und das inzwischen weit über 300 Mal.

https://www.youtube.com/watch?v=JUCLpLnba_A

Falls Sie das Video lieber direkt auf Youtube ansehen möchten, benutzen Sie diesen Link: https://www.youtube.com/watch?v=JUCLpLnba_A

🚗 Das Highlight: Tauchen Sie ein in das Highlight des Videos, wenn ich live hinter der Bühne aus einem echten DeLorean aussteige – die legendäre Zeitmaschine aus "Zurück in die Zukunft". Diese einzigartige Inszenierung verleiht meinen Keynotes auf Wunsch eine unvergessliche Dimension und bleibt bei Ihrem Publikum ganz sicher in Erinnerung!

🎤 Keynotes: Erleben Sie inspirierende Einblicke in meine Vorträge über die Zukunft und Zukünfte, während ich vor einem begeisterten Publikum von rund 400 Menschen aus einem großen IT-Beratungsunternehmen spreche. Als Wissenschaftler, Autor und Herausgeber teile ich mein fundiertes Wissen über die neuesten Innovationen, spannende Thesen und Visionen für das Jahr 2050. Sie mögen es lieber anwendungsbezogen? Kein Problem. Ich bringe auf Wunsch gern Fallbeispiele zu meinen Kernthemen mit und verbinde diese mit plausiblen Zukunftsszenarien.

🔍 Entdecken Sie mehr über die möglichen Themen meiner Keynotes und Buchungsmöglichkeiten.

👥 Zielgruppe: Meine Keynotes richten sich an Entscheidungsträger, Unternehmen und Verwaltungen sowie alle, die den Blick in die Zukunft richten. Entdecken Sie, wie Sie mit meiner Expertise die Zukunft aktiv gestalten können. Ob Mittelstand, öffentliche Verwaltung, Bildungsträger oder Startup; ob Strategiemeeting der Geschäftsleitung, Sommerfest oder Kongress - mir liegen alle Formate und Anlässe.

🚀 Folgen Sie mir: Abonnieren Sie meinen Newsletter, um keine Updates zu verpassen, und folgen Sie mir auf Linkedin oder Instagram - alle Links finden Sie unter https://linktr.ee/KaiGondlach

Machen Sie sich bereit für eine faszinierende Reise in die Zukunft!

Videoproduktion: Lauflichtfilm, Rödingsmarkt 14, Mediadeck Hamburg, 20459 Hamburg

DeLorean animation courtesy of @harmzz


Futuralgie statt Nostalgie

Warum gibt es eigentlich keinen Begriff für die Sehnsucht nach einer besseren Zukunft? Nostalgie und sogar Ostalgie sind doch weit verbreitet! Mein Plädoyer für mehr Zukunftssehnsucht, oder: Futuralgie.

Plädoyer gegen Nostalgie und Ostalgie

Was genau bedeutet eigentlich Nostalgie? Laut Duden.de ist die Bedeutung wie folgt:

... vom Unbehagen an der Gegenwart ausgelöste, von unbestimmter Sehnsucht erfüllte Gestimmtheit, die sich in der Rückwendung zu einer vergangenen, in der Vorstellung verklärten Zeit äußert, deren Mode, Kunst, Musik o. Ä. man wieder belebt.

Duden.de über Nostalgie, 12.04.2023

Das heißt in anderen Worten: Wer mit der aktuellen Situation unzufrieden ist, flieht gedanklich in die Vergangenheit. Man schwelgt in Erinnerung, oft sogar in einer falschen. Allzu viele Menschen oder deren Umfeld leiden am Rückschaufehler (hindsight bias). Demnach neigen wir manchmal dazu, die Vergangenheit zu glorifizieren, à la: "Es war ja auch nicht alles schlecht damals!" - die Musik war besser, man hatte mehr Spaß und die Jugend ist heute sowieso total verdorben.

Der Haken an Nostalgie: Sie kann krank machen. Denn schließlich wird die Vergangenheit nie zurückkehren. Wer sich eine komplexe Situation wie eine vergangene Staatsform zurückwünscht, wird unweigerlich enttäuscht werden. Wer Geschichtsbücher studiert, weiß, dass auch viele "Revolutionen", die die Wiederherstellung eines vorherigen Status Quo (ex ante) zum Ziel hatten, unter anderem daran scheiterten, dass dies natürlich nicht möglich war. Das Rad der Zeit hatte sich schon weitergedreht, die Einstellungen in den Köpfen der Menschen und die Regeln in den Institutionen waren bereits andere. Ein nennenswerter Anteil der psychischen Krankheiten in strukturschwachen Regionen lässt sich mittelbar mit Nostalgie (oder Ostalgie) erklären, wäre meine steile These an dieser Stelle.

Der noch größere Haken: Logischer Weise können wir nur künstlerische Artefakte wie Musik oder Kunst aus der Vergangenheit konsumieren. Darüber hinaus sind unsere Erinnerungen eng an unsere sinnliche Erfahrung der Vergangenheit gekoppelt, dazu kommen noch Gerüche und taktile Reize, welche wiederum (noch) schwieriger codierbar sind. Aus dieser Verzahnung vergangener Kunst - ein bestimmter Song, den man zur Hochzeit gehört hat, ein Gemälde, welches man mit dem verstorbenen besten Freund bestaunte - wird dann die Fehlannahme, dass "damals alles besser war".

Ein Einfalltor für Populismus und autoritäre Ideologie, siehe Reichsbürger.

Plädoyer für Futuralgie

Deshalb habe ich mir überlegt, warum wir nicht eine Futuralgie bestärken können. Noch gibt es das Wort nicht, aber das möchte ich mit diesem Beitrag ändern oder zumindest anregen. Sharing is caring!

Zur Klarstellung: Die Zukunft existiert nicht. Höchstens im Plural als mögliche Zukünfte, deren Eintrittswahrscheinlichkeit stark davon abhängt, wie viele Menschen an ihrer Erfüllung arbeiten. Deshalb halte ich es auch für wesentlich, optimistische Zukunftsbilder in die Köpfe der Menschen zu bringen als Gegenpol gängiger Weltuntergangsszenarien und Verzichts-Narrative.

Der Haken: Futuralgie kann immer nur funktionieren, wenn Darstellungen möglicher Zukünfte nicht bloß existieren, sondern diese Vorstellungen auch geteilt, diskutiert, kritisiert und in einen zukünftigen Wertekanon integriert werden - so wie historische Kunst eben. Einen Konsens wird es nicht geben, aber vielleicht einige, potenziell miteinander harmonierende Zukunftsbilder in einzelnen Weltbereichen. Außerdem sollten die Zukunftsbilder möglichst nicht ideologisch aufgeladen sein wie Parteiprogramme.

Laut Duden.de ist die sprachliche Herkunft von "Nostalgie"

neulateinisch nostalgia = Heimweh, zu griechisch nóstos = Rückkehr (in die Heimat) und álgos = Schmerz; die heutige Bedeutung wohl beeinflusst von gleichbedeutend englisch nostalgia

Duden.de über Nostalgie, 12.04.2023

Nostalgie ist also der Schmerz in der Gegenwart und die gedankliche und emotionale Flucht in nicht existente, vergangene Zustände. Wäre es nicht aussichtsreicher, wenn man den Schmerz über aktuelle Missstände umlenkt auf mögliche zukünftige Zustände, an deren Erreichung man selbst mitwirken kann?!

Je nach Zeitempfinden ist das Erreichen einer zukünftigen Situation nämlich durchaus realistischer als die Vergangenheit, denn an die können wir uns zwar erinnern, aber sie wird nie wieder kommen. Zudem erinnern wir uns in der Regel falsch. An die Zukunft können wir uns nicht erinnern, sie aber erdenken, weshalb mancheine:r ja auch von dem Erdächtnis als Gegenpol zum Gedächtnis spricht.

In meiner Dauerumfrage über die Einstellung der Deutschen über die Zukunft habe ich dutzende Anzeichen dafür gefunden, dass ich nicht allein bin. Doch beim Nachdenken über die Futuralgie fallen mir immer mehr gute Argumente ein, die dafür sprechen. Aber bevor ich mich gedanklich im Kreis drehe, möchte ich den Ball gern nach außen spielen. Denn...

Ausblick Futuralgie

Was genau mit diesem Gedanken passieren soll, weiß ich noch nicht. Der Gedanke ist erst wenige Tage alt. Ein gutes Zeichen war, dass bei Google nur zwei Suchergebnisse (!) zu dem Suchbegriff auftauchten. Deshalb habe ich mir direkt die Domain futuralgie.de gesichert. Was wir damit anstellen, überlegen wir uns in den kommenden Monaten.

Wer Ideen und Lust hat, daran mitzuwirken, schreibe gern einen Kommentar.

Foto von Hadija auf Unsplash


On the road mit Kai... und ChatGPT

Im ICE kurz vor München.

... aus dem Leben eines Zukunftsforschers auf Reisen: Anfang März stand ich innerhalb von sieben Tagen fünf Mal auf der Bühne bzw. leitete einen Workshop. Bei einem war ich aktiver Teilnehmer, immerhin. Hier mein kurzes Reisetagebuch mit wertvollen Einblicken in die Dinge, die die Welt aktuell bewegen.

Meine Reiseroute Mi-Di: Einmal quer durch Deutschland (+ Salzburg)

Skurrilerweise war ich im Februar nur einmal im Kundenauftrag "on the road", der März begann direkt mit dem Gegenteilprogramm. Denn genau genommen startet unsere Reise am Mittwochabend, dem 1. März und endet am 7. März 2023.

Leipzig und die Bildungsrevolution

Den Ernst-Klett-Verlag (Hauptsitz Stuttgart, die Anfrage kam aus dem Leipziger Verlagsbereich für sozialwissenschaftliche Themen) kennen die meisten von uns dank der schönen Literatur noch aus dem Schulunterricht. Die Geschäftsführung meldete sich bei mir, da ich mich als Zukunftsforscher unter anderem mit den Themen Bildung und KI beschäftige - und da war schon im Januar klar, dass wir sprechen müssen, als die Veröffentlichung von OpenAIs Vorzeige-Projekt ChatGPT die Runde machte.

So lud mich Klett zu einem aktuellen und einflussreichen Thema ein: "ChatGPT im Klassenzimmer: Fluch oder Segen?". So hieß das Webinar, in dem ich eine digitale Keynote halten und mich anschließend den Fragen des Publikums - vor allem Lehrkräfte - stellen durfte. Warum gerade ich?

  • Die Bildungswissenschaft ist Teil der DNS der deutschsprachigen Zukunftsforschung, immerhin wurde das Institut Futur an der Freien Universität am Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie gegründet. Außerdem habe ich in meinem Grundstudium Soziologie / Politik- und Verwaltungswissenschaft auch die Zusammenhänge von Psyche und Gruppenverhalten studiert.
  • Mein Whitepaper über zukunftsfähige Bildungssysteme, welches inzwischen übrigens auch über ISSN in der Deutschen Nationalbibliothek gelistet ist, beschreibt ein paar Zukunftsbilder des Bildungssystems - nicht uninteressant, wenn man Teil des Systems ist.
  • Mit künstlicher Intelligenz (KI) befasse ich mich professionell seit meinem Studium der Zukunftsforschung und spätestens mit dem Band "Arbeitswelt und KI 2030" auch in Buchform nachlesbar. Kürzlich hatte ich den fantastischen Dr. Aljoscha Burchardt (DFKI) im Januar (#093) im Podcast "Im Hier und Morgen" zu Gast, um ChatGPT für alle verständlich zu erklären.

Das Klett-Webinar war am ersten Tag nach Verkündung im Klett-Eventkalender ohne Werbung ausgebucht, daher haben wir es auch nicht mehr beworben. 500 Teilnehmende wollten sich anschauen, was nun das Besondere an ChatGPT ist und welche Impulse wir gemeinsam für die Unterrichtsgestaltung geben. Letztlich war diese Frage natürlich schwieriger zu beantworten als möglicherweise erhofft; schließlich ist jede Klasse anders, jedes Fach in jeder Stufe stellt unterschiedliche Anforderungen - die wichtigste Botschaft lautete daher: Legt euch einen Account an und probiert es selbst aus, bevor das Kind in den Brunnen fällt. So eine starke Verkürzung der Diskussion im Anschluss an meine Keynote. Den meisten sollte klar geworden sein, dass mit ChatGPT endgültig die versteifte Prüfungsversessenheit des deutschen Bildungssystems ein Ende gefunden haben dürfte. Mehr noch: Meine These stellt auf eine Revolution im Bildungssystem ab. Das wird erst in ein paar Jahren so ersichtlich sein, weil die Prozesse zu einem neuen Alltag natürlich langwierig bleiben, doch das Erbe des Bildungssystems gerät schon jetzt ins Wanken. Weg mit den Prüfungen, weg mit den Noten, vielleicht werden sogar die Fächergrenzen endlich eingerissen. Ich bleibe am Ball.

Berlin und die Zukunft Deutschlands

Donnerstagfrüh ging es für mich nach Berlin zu einem Workshop mit D2030 - Deutschland neu denken e. V. und den Projektpartnern des Szenarioprozesses "Neue Horizonte 2045" - Deutsche Bahn, EnBW und AOK PLUS. Ich bin einer der Expert:innen im Szenarioteam und an der Erstellung von Szenarien beteiligt, die mögliche, konsistente Entwicklungspfade der deutschen Wirtschaft und Gesellschaft auf dem Weg in die CO2-Neutralität beschreiben sollen. Ich bin Mitglied bei D2030, weil ein nennenswerter Teil der Gründer:innen mich schon lange Zeit auf dem Weg als Zukunftsforscher begleitet und ich weiß, dass methodisch hier alles richtig läuft. 2018 wurden erstmals Szenarien zur Zukunft Deutschlands veröffentlicht, welche nach Beginn der Pandemie sowie nach der Invasion Russlands in die Ukraine einem Stresstest unterzogen wurden. Nun sollen die Szenarien, die übrig geblieben und nach wie vor konsistent wahrscheinlich sind, in einer neuen Runde überprüft und ergänzt werden. Schließlich hat sich auch sonst etwas seitdem getan.

Wir diskutierten in illustrer Runde über die wichtigsten Rahmenbedingungen des Projekts, also die Einflussfaktoren, aber auch den Projektablauf. Im Herbst sollen die Ergebnisse stehen, die übrigens auch unter öffentlicher Beteiligung entstehen. Allein über Wildcards, also ungewisse und potenziell einflussreiche Ereignisse wie Vulkanausbrüche, einen Krieg um Taiwan oder das frühere Erreichen ökologischer Kipppunkte, tauschten wir uns fast eine Stunde lang aus. Übrigens wird es auch einige Möglichkeiten der Beteiligung geben, also lohnt sich ein Newsletter-Abo der Initiative!

Von Berlin aus ging es für mich mit der Bahn zum Düsseldorfer Flughafen, wo ich einen Mietwagen abgeholt habe, mit welchem ich am späten Abend nach Mönchengladbach fuhr - natürlich ein Elektroauto.

Mönchengladbach oder Aachen: Hauptsache ChatGPT!

RWTH Aachen in Charles Eventlocation

In Mönchengladbach checkte ich gegen 23 Uhr im Hotel ein und nahm letzte Änderungen und Ergänzungen an meiner Präsentation für den nächsten Tag vor: Eine Keynote bei der Hochschulverwaltung der RWTH Aachen, welche letztes Jahr aufgrund einer Terminkollision bei mir leider nicht möglich war. Umso schöner war es, dass wir nun endlich zusammengefunden haben!

Endlich eine funktionierende Ladesäule... Danke, Sixt!

Freitagvormittag legte ich den letzten Teil der Strecke zurück, strandete kurz dank der Inkompatibilität des BYD-Mietwagens in Aachen, denn ich durfte lernen, dass nicht alle Ladestationen zu allen Elektroautos passen. Glücklicherweise hatte ich ausreichend Puffer eingeplant, bin etwas früher als geplant aufgestanden, sodass ich nicht ins Schwitzen kam. Die 90 Minuten Wartezeit bis zum vollen Akku verbrachte ich in der netten Sixt-Station in Aachen, die durch einen Kaffeevollautomaten, sehr freundliches Personal und bequeme Sessel die Strapazen erträglich gemacht hat.

Die letzte Etappe fuhr ich zur Charles Eventlocation in Aachen, um beim Strategietag der RWTH anzukommen. Die Begrüßung des Publikums habe ich natürlich ChatGPT vorlesen lassen, anschließend drehte sich mein Impulsvortrag um Perspektiven auf Zukünfte und welche Strategien es für Führungskräfte gibt, ihre Beschäftigten durch die ungewissen Zeiten zu lotsen. Das Stichwort Employer Branding tauchte möglicherweise auch darin auf.

Nach einer spannenden Fragerunde und Gesprächen mit der Führungsetage der Verwaltung, was denn nun konkret umgesetzt werden könne, stieg ich in den Mietwagen, um zurück zum Flughafen zu navigieren. Denn anschließend musste ich leider ausnahmsweise ein Flugzeug besteigen, immerhin knapp kein Inlandsflug - es ging nach Salzburg. Auslöser dafür war der Streik sämtlicher Verkehrsunternehmen im Nah- und Fernverkehr am 3. März, welchen ich ausdrücklich unterstütze, leider auf Kosten meines ökologischen Fußabdrucks. Dass dieser ohnehin Augenwischerei der fossilen Lobby ist, wissen wir ja zum Glück, dennoch versuche ich natürlich, meine Flüge geringzuhalten.

(c) OpenAI ChatGPT, 02.03.2023 um 23:08 Uhr.

Salzburg und die Zukunft der Digitalisierung & Dekarbonisierung

Warum eigentlich Salzburg?

Erstens ist Salzburg immer eine Reise wert.

Zweitens war ich dort am nächsten Tag eingeladen, also am 4. März, genauer bei der 8. Konferenz für Interim-Management des Dachverbands der österreichischen Interim-Manager, um eine Keynote über "Dekarbonisierung und Digitalisierung" vor rund 180 Interim-Managern zu halten. Die wichtigsten Erkenntnisse habe ich ausführlich in einem anderen Zlog-Beitrag über das goldene Zeitalter des Interim-Management festgehalten.

Einen Teil des Programms konnte ich mitverfolgen und habe anerkennend festgestellt, dass die Speerspitze des agilen Managements schon tief in den Themen auf meiner ersten Präsentationsfolie steckt. Digitalisierung ist hier kein Buzzword, sondern alltägliche, operative Praxis. Ebenso Dekarbonsierung, wie ich in einem Vortrag von Dr. Pfeifer sehen konnte: Er referierte vor mir über die Einführung von ESG (ecological and social governance) in Unternehmen, also wie Organisationen Nachhaltigkeitsreporting aufsetzen und die CO2-Emissionen erst einmal erfassen, dann Maßnahmen zur Reduktion umsetzen und vieles mehr.

Der Interim-Management-Bereich ist mir nicht neu und zahlt stark auf meine gängigen Thesen rund um die Arbeitswelt der nächsten 10-15 Jahre ein. Viele Organisationen sind schlicht überfordert mit der Vielzahl dringender und wichtiger Trends, wenn man das so allgemein sagen darf. Dennoch war ich ziemlich baff, als ich auf dem Weg nach draußen - zum Bahnhof - Zuspruch von Dutzenden Teilnehmenden erhielt, in viele Gespräche verwickelt wurde, was mich als typischen Tiefstapler natürlich umso mehr gefreut hat. Wir bleiben in Kontakt!

Balingen / Hechingen und ein intensiver Future Day

Anschließend ging es mit der Bahn von Salzburg nach Balingen in Baden-Württemberg, da ich am Montag einen Workshop (Future Day) in Hechingen gemeinsam mit PROFORE-Partner Sven Göth (FUTURISER) leiten durfte. Dieser wurde seit 2020 verschoben aus den unterschiedlichsten Gründen, einer hatte mit Corona zu tun.

In sechs Stunden haben wir vor einem Team aus zwei unterschiedlichen Unternehmen erst Impulse geliefert, sind dann in die Relevanzbewertung eingetaucht, um schließlich sehr konkrete Ableitungen für nächste Schritte zu treffen. Diagnose: Sieht gut aus, die Potenziale sind gigantisch, möglicherweise später mehr. Dieses Format macht mir besonders viel Freude, weil nicht nur die visionäre Fortschreibung von Trends im Mittelpunkt steht, sondern der konkrete Bezug aufs Geschäftsmodell, das ich vorher in der Regel nicht kenne - und meist auch meine Kundinnen und Kunden nicht so genau beschreiben können.

München und der Spielfilm aus dem Laptop

ARRI Astor Film Lounge in München

Montagabend fuhren Sven und ich gemeinsam nach Stuttgart, von dort aus bin ich dann mit der Bahn nach München gereist, um am Dienstag eine lange verschobene Keynote bei Constantin Film - erstmals im Kino-Ambiente! - vor rund 50 Menschen zu halten. Auch hier war der Termin eigentlich für 2021 angesetzt, wurde seitdem mehrfach neu terminiert, nun war es endlich so weit!

Die Kernfrage lautete hier: Womit verdienen Produktionsfirmen eigentlich Geld, wenn ChatGPT, Dall-E und Co. die Produktion von Bewegtbild auf jeden Laptop bringen? (Keine Sorge, es gab auch Antworten) Denn das ist kurz vor Veröffentlichung von GPT-4 eindeutig naheliegend: Wenn schon jetzt Seinfeld-Folgen auf Dauerschleife im Comicstil von einer KI geschrieben und produziert werden, fotorealistische Echtzeit-Generierung von Endlos-Computerspielewelten Einzug in die Gaming-Community halten und immer mehr Menschen unzufrieden mit dem Ausgang von Filmen und Serien sind (wer erinnert sich an den Shitstorm nach der letzten Game of Thrones Staffel?), stellt sich mal wieder die alles entscheidende Frage: Was ist eigentlich der Kern des Geschäftsmodells? Spoiler: Es ist nicht die Produktion des Films. Es ist das Storytelling, die Auswahl origineller Geschichten und Heldenreisen.

Anschließend hatte ich noch zwei Meetings in München, in einem ging es um ein eigenes Projekt, das möglicherweise unter meiner Mitwirkung eines Tages auf Bildschirmen zu sehen sein wird. In dem anderen ging es um mein anderes Großprojekt, in dem wir gerade drei Sammelbände unter der Überschrift "Nachhaltigkeit und Innovation" im Springer VS Verlag vorbereiten. Stay tuned...

Epilog

Das Thema, das überall die Gespräche dominierte, war ganz klar ChatGPT. Dazu habe ich ja hier und bei GIGA und auch in anderen Medien schon meine Einschätzung geteilt. Natürlich nutze ich dieses und andere Tools wie you.com inzwischen standardmäßig, ebenso tun es Schüler:innen, Redakteur:innen und alle, die mit Text zu tun haben. Ersetzt das nun massenhaft Jobs? Vielleicht in den USA und einigen wenigen Unternehmen in Deutschland. In Wirklichkeit steigern die generativen KIs nun endlich die Produktivität - auf diese Steigerung haben wir sehr lange gewartet. Möglicherweise ist das ein Hebel gegen den Fachkräftemangel... doch ohne Umschulungskonzepte schaffen wir die anderen Herausforderungen nicht.

Am Dienstagabend fuhr ich dann endlich wieder nach Hause. Mit so vielen neuen Eindrücken im Gepäck, dutzenden ungelesenen E-Mails im Postfach und Vorfreude auf mein Zuhause mit anderthalb geliebten Mitbewohner:innen konnte es gar nicht schnell genug gehen...


Das Goldene Zeitalter des Interim-Management

Hinter mir liegen ein paar reiseintensive Tage, die - wie immer - auch mit einigen neuen Erkenntnissen einhergingen. Das Wichtigste steht schon in der Überschrift. Wie diese Erkenntnis entstand, möchte ich in diesem Zlog-Beitrag erklären.

Interim-Management ist gefragter denn je

Der Befund aus dem Kreise des Interim-Management ist eindeutig: Man kann sich vor Mandaten kaum retten. Dass das goldene Zeitalter für Interim-Manager (m/w/d) noch anhält, habe ich in der Vorbereitung auf meinen meinen Einsatz bei der 8. Konferenz für Interim-Management des DÖIM in Salzburg am 4. März so gesagt und in vielen Gesprächen auch bestätigt bekommen. Woran liegt das und wie geht's weiter?

Die Formel ist auf den ersten Blick ganz einfach: Fachkräftemangel + Wertewandel + Digitalisierung + Bildungsrevolution. Und was kommt danach?

Fachkräftemangel: Die erwartbare Implosion

Der Fachkräftemangel kam mit langer Ansage. Die demografische Entwicklung in nahezu allen westlichen, industrialisierten Staaten des globalen Nordens erfährt gerade oder sehr bald einen Knick. Die "Babyboomer" gehen in Rente oder Pension, es fehlen Dank der soziotechnisch nicht zu überschätzenden Innovation der Geburtenkontrolle (auch Pillenknick genannt) zunehmend Arbeitskräfte. Das Problem wurde in der Mehrheit von Organisationen unterschätzt, denn: Man fährt lieber auf Sicht oder hat schlicht keine Möglichkeit, die regionale Entwicklung nennenswert zu beeinflussen.

Umgekehrt bedeutet das: Beschäftigte sitzen erstmals seit der Industrialisierung am längeren Verhandlungshebel.

... eine Prise Wertewandel

Wertewandel findet immer statt, ebenso wie demografischer Wandel. Fragt sich nur, woher und wohin. Dafür genügt es leider nicht, quantitative Daten zu erheben, es braucht eher qualitative Analysen. Einer der Gründe, warum der Methodenkanon der Zukunftsforschung so breit gefächert ist.

Wichtig: Der Generationenmythos darf unter keinen Umständen im Personalmanagement ankommen. Oder anders: Nahezu alles, was über "Generation Z" oder "Generation Alpha" oder andere Generationen reichweitenstark behauptet wird, ist falsch. Empirisch sind sämtliche Zuschreibungen beliebiger Geburtenjahrgänge bzw. -kohorten kompletter Unsinn. "Generation Z ist bequem", "Generation Y ist postmaterialistisch", "Generation X will nur Profit erwirtschaften" - ein kurzer Blick in die gleichaltrige Verwandtschaft und Freundeskreis genügt, um die These zu widerlegen. Und das wird auf der Ebene von Gesellschaften nicht besser, eher schlimmer. Es ist einfach falsch, anhand der Geburtenjahre Charakterzüge, Fähigkeiten oder Präferenzen zuzuschreiben - und laut Allgemeinem Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sogar verboten, weil es sich hierbei um Altersdiskriminierung handelt.

Eher können wir von einem Zeitgeist sprechen, der sich verändert. Sind es wirklich nur die jungen Leute, die gern mit Smartphones, Apps und ChatGPT experimentieren? Nein, es ist eher ein bestimmter Habitus - und eine intervenierende Variable ist, dass ältere Menschen tendenziell schon mehr biografische Pfadabhängigkeiten haben, daher also weniger Zeit oder Energie zum Ausprobieren neuer Technologien. Trends zu mehr Selbstverwirklichung, mehr Freiheitsgraden, Postmaterialismus ziehen sich asynchron durch die gesamte Gesellschaft. Aber solche Statements verkaufen sich schlicht nicht so gut.

Der springende Punkt ist: Der gesellschaftliche Wert von Erwerbsarbeit hat sich verändert. Wir sind noch nicht bei der längst überfälligen Freizeitgesellschaft, doch das Ideal dieser Vorstellung hat Einzug genommen in den Arbeitsmarkt. Warum? Weil sich die Machtverhältnisse gewandelt haben. Das Arbeitskräfteangebot sitzt plötzlich am stärkeren Hebel, was sicherlich durch die Pandemie beschleunigt wurde, letztlich aber nur eine Frage der Zeit war. Beschäftigte werden händeringend gesucht, es geht nicht mehr nur um Fachkräfte, sondern Arbeitskräfte aller Art und in nahezu allen Branchen und Regionen. Sabbatical, Workation, Teilzeitverträge - inzwischen eher Standard als Ausnahme auf der Prioritätenliste im Bewerbungsgespräch. Die langfristige Folge davon wird übrigens das "solopreneurial chaos" sein, aber dazu an anderer Stelle mehr.

Digitalisierung und Bullshit Jobs und zurück

Allmählich ist es offensichtlich geworden, dass mit Mitteln der Digitalisierung Tätigkeiten rationalisiert werden. Arbeitsplätze fallen schrittweise weg, wo vorher noch echte Menschen Gegenstände von A nach B getragen oder Laute von A nach B getippt haben. In den USA mündet sowas oft direkt in Massenentlassungen, hierzulande sind Beschäftigte besser durch Gewerkschaften und Betriebsräte geschützt und werden dann umgeschult - oder haben genügend Zeit, sich neu zu orientieren. Was gut ist, oder immerhin nach unserem aktuellen Idealbild "human".

Ab circa 2035 erwarten wir jedoch einen interessanten Knick in der Produktivität - und zwar erstmals seit Beginn der Digitalisierung im positiven Sinne. Einer der Hauptgründe dafür ist die Entwicklung generativer KI, zu der auch ChatGPT gehört. Was dahinter steckt, müssen wir uns ein andermal genauer ansehen. Wichtig für dieses Thema: Es geht nicht mehr nur um humane Teams, sondern human-maschinelle-Teams. Darüber, wie sich das im Jahr 2030 anfühlen könnte, schrieb übrigens Frank Fischer einen tollen Beitrag im Band "Arbeitswelt und KI 2030" unter dem Titel: "Zukünftige Zusammenarbeit zwischen Menschen und KI. 'Ich strebe danach, dass Du ich wohl fühlst', sagt mein KI-Kollege 2030".

Zwischenzeitlich gab und gibt es zahlreiche Bullshit Jobs (der Begriff ist dem gleichnamigen Buchtitel entliehen), oder Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM), welche ihrerseits die Moral der Belegschaft mittelfristig erodieren. Und dann? Dann reduzieren massenhaft Beschäftigte ihre Arbeitszeit auf 80 oder 60 Prozent und starten ihre eigenen Projekte. Ob Blumenladen, Instagram-Influencer, VR-Haustier-Friseur im Metaverse oder auch Aushilfe bei der Müllabfuhr oder im Supermarkt gegenüber. Job 1 zahlt die Miete und Sozialversicherungen, Job 2 ist für die Selbstverwirklichung oder den körperlichen Ausgleich. Damit sollen Arbeitgeber erstmal zurechtkommen.

Umgekehrt mehren sich die Berichte, dass Bewerberinnen und Bewerber immer häufiger das Gespräch mit überzogenen Vorstellungen starten. Überspitzt formuliert: Uni-Absolvent:in, 23 Jahre jung, bewirbt sich beim mittelständischen Unternehmen auf einen Abteilungsleitungsjob. Klar, Dienstwagen und -handy gehören hier jawohl zum Standard, Erfahrung in der Personalverantwortung hat man nicht, aber das passt schon, 30 Urlaubstage halten Sie für menschenwürdig?! Tja. Wenn sich nur eine fachlich geeignete Person auf den Job bewirbt, gibt's keine Wahl. Und das Beste an der Geschichte: Das kann auch funktionieren, erfordert aber natürlich vollkommen andere Führung bzw. Coaching-Funktionen der übergeordneten Ebene.

Die Früchte der Bildungsrevolution

Nie konnten mehr Menschen weltweit lesen und schreiben als heute. Sicherlich gibt es immer auch Rebound-Effekte, wenn man sich die Kommentarspalte auf Facebook und Twitter anschaut oder politische Entwicklungen wie in Afghanistan. Doch der durchschnittliche Bildungsstand hat sich global in den letzten Jahrzehnten insgesamt extrem positiv entwickelt. Dazu gehört in den meisten Staaten auch die höhere Bildung, also Menschen mit abgeschlossener Lehre oder Studium. Ganzheitlich betrachtet ist das wundervoll! Aus Sicht eines stereotypen Unternehmens mit Standard-Aufbauorganisation ist diese Entwicklung allerdings ungünstig.

Denn spätestens jetzt wird vielen Menschen klar, dass sie in der "alten Welt" primär als Humanressource betrachtet und über Jahrzehnte sogar so bezeichnet wurden. Eins von vielen Produktionsmitteln. Rückwirkend ziemlich barbarisch. Wenn Sie diesen Beitrag lesen, sehen Sie das vermutlich auch schon so, aber ein großer Anteil von Arbeitgebern handelt immerhin noch exakt so, als wären die Menschen, die für den Geschäftszweck arbeiten, redende Maschinen. Dass sie auch denkende und fühlende Maschinen mit Biorhythmus sind, wird in den wenigsten Organisationen abgebildet.

Rückblickend könnte die aktuelle Dekade als Durchbruch der Arbeitskräfte in die Geschichtsbücher eingehen. Sie sind besser gebildet, besser vernetzt und organisiert, sitzen schließlich infolge der weiteren "Megatrends" am längeren Hebel für Personalgespräche. Die Revolution der Arbeiter bleibt für immer eine Vision (ob Utopie oder Dystopie, entscheidet die Leserschaft) - doch die Evolution der Arbeit erlebt aktuell einen Fortschritt.

Das Zielbild: Eine Organisation ohne Middle Management

Und hier kommen wir zum Interim Management.

Selbstverständlich gibt es eine große Bandbreite an Interim Managern (w/m/d), wer bis hierhin gelesen hat, ist mit der Jobbeschreibung vermutlich vertraut oder sogar selbst eine:r. Im Grunde übernehmen diese Menschen temporäre Mandate in Organisationen aller Art, um die Finanzen, das Personalmanagement oder die Nachhaltigkeitsstrategie umzukrempeln. Nicht immer eine beliebte Rolle, weil in der Regel auch Umbrüche oder das klare Mandat zur Umstrukturierung damit verbunden sind.

In meiner Keynote in Salzburg habe ich vor dem Hintergrund von Digitalisierung und Dekarbonisierung eine ähnliche Herleitung wie oben beschrieben. Hinzu kommt noch etwas Hintergrundwissen, unter anderem durch PROFORE-Partner Oliver Straubel (Holism), der sich und sein Team vor Interim-Mandaten seit einigen Jahren kaum retten kann - Tendenz steigend. Nur warum?

Die oben beschriebenen Entwicklungen zahlen mittelbar oder unmittelbar auf zwei der wichtigsten Unternehmenstrends unserer Zeit ein:

  1. Fehlende Motivation zur Verwaltung, also dem Middle Management: Menschen wollen mehr gestalten, Stichworte Wertewandel und Bildungsrevolution.
  2. Professionelle Prioritäten verschieben sich: Mehr denn je ist einer gut gebildeten Bevölkerungsschicht bewusst, dass ihr Handeln Konsequenzen in der realen Welt hat - Stichworte Nachhaltigkeit und Generationenvertrag.

Häufige Fragen lauten:

  • Wie setzt man eigentlich ESG um? (Nachhaltigkeitsreporting, -strategie, etc.)
  • Wie transformiere ich eine Organisation von Wasserfallhierarchie zu Agilität? Wie geht Holokratie, Soziokratie, und wie finde ich den für mich richtigen Mix?
  • Warum klappt Digitalisierung bei uns nicht? (Was kommt nach der Hard- und Software?)
  • Welche Personalstrategie passt für unsere Belegschaft, in der viele Beschäftigte bald in Rente gehen, viele Berufseinsteiger sind?
  • ... wie werde ich wirklich resilient, also zukunftsfähig?

Zur Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen fehlt innerhalb vieler Organisationen das Knowhow. Nicht ohne Grund gibt es immer mehr entsprechend spezialisierte Management-Studiengänge und -Fortbildungen, die mit dem alten Management brechen. Das alte Management wird dadurch nicht fundamental schlecht oder falsch, doch die Rahmenbedigungen haben sich geändert.

Das Zielbild findet ohne mittleres Management statt und vor allem mit mehr individueller Verantwortung, mehr Kreislaufgedanken (#circularbusinessmodel), mehr Gemeinwohlorientierung. Nicht aus ideologischen Gründen, sondern weil es früher oder später anders nicht mehr erlaubt sein wird. Das begründet auch meine längst replizierte These eines Massensterbens von Unternehmen, umgekehrt entscheiden sich die vorausschauenden Unternehmen rechtzeitig für den Umbau der Organisation - im Zweifel mit Interim Management auf den entscheidenden Positionen.

Grafik von soulsana @ Unsplash.com


2023: Das Jahr der Hoffnung

Gute Nachrichten: Eine große Mehrheit (61 %) empfand das Jahr 2022 als gutes Jahr, die Aussichten auf 2023 sind sogar noch besser - hier erwarten 77 Prozent einen positiven Trend. Zumindest im Persönlichen. Das geht aus einer jüngst veröffentlichten Forsa-/RTL-Umfrage hervor. Mein Plädoyer für Hoffnung statt Nörgelei.

Das Ende der Nörgel-Kultur

In dieser Zwischenüberschrift steckt eine gehörige Portion Hoffnung.

Der Gedanke dazu kam mir heute während eines Live-Interviews im n-tv News Spezial über "Sorgen und Zuversicht". Im Gespräch fragte mich die n-tv Moderatorin Jessika Westen, wie es sein kann, dass die Einschätzungen der persönlichen und gesellschaftlichen Situation derart weit auseinanderklaffen.

Dafür sehe ich zwei Ursachen:

  1. Handlungsspielraum vs. Ohnmacht. Je größer ein Thema, eine Krise, umso weniger Gestaltungsoptionen haben wir als einzelne. Es liegt in der Natur der Sache, dass globale Probleme uns als Individuen überfordern. Sonst wären sie ja nicht global, wenn es einfache Lösungen für sie gäbe. Die aktuelle Situation multipler Krisen, oder die Omnikrise, wie es mancheine:r aus meinem Metier gern nennt, führt direkt zu einer kollektiven Überforderung und Pessimismus auf globalem Level.
  2. Kognitive Dissonanz: Je höher der durchschnittliche Lebensstandard einzelner Menschen, aber auch ganzer Gesellschaftssysteme ist, umso größer ist das Nörgelpotenzial. Gerade weil unser Gesundheitssystem insgesamt ziemlich gut ist, fällt uns auf, wenn es unter Volllast oder in puncto Innovationen hakt. Gerade weil unser Sicherheitsapparat ziemlich gut funktioniert, bemerken wir, wenn die Streitkräfte nicht im besten Zustand sind.

Und dann nörgeln wir.

Aber wie schon gesagt, der Blick in die Zukunft wird wieder optimistischer. Und damit sind wir bei zwei interessanten Auswirkungen der gerade genannten Ursachen für die Differenz zwischen individueller und gesellschaftlicher Zukunftssicht:

  1. Es wuchs in den letzten Monaten die Erkenntnis, dass es uns hier verdammt gut geht. Anders kann ich es kaum ausdrücken. Gerade in Relation zum Leid in der Welt, zu den Bildern aus Charkiw, Teheran, Aleppo oder Xinjang, bemerken wir insgeheim, wie sicher, verhältnismäßig geordnet und wohlhabend wir sind. Mit dieser Erkenntnis flüchten sich zwar immer noch einige in politische Extreme aus Angst, dass sie durch äußere Veränderungen Nachteile erfahren würden - doch tatsächlich hat auch dieser Trend zumindest in Deutschland langsam abgenommen (nicht überall). Mein Punkt ist: Ein Ende des Nörgeltums ist in Sicht!
  2. Multiple Krisen zeigen uns nicht nur die Endlichkeit unseres eigenen Aktionsradius auf, sondern auch den unserer Verwaltungseinheiten auf überregionaler Ebene. Allein und abgeschottet sind viele Probleme nicht mehr zu lösen, wir brauchen also viel mehr Kooperation. Und das ist historisch nichts komplett Neues, doch im Grad der Globalität der aktuellen Themen bemerkenswert - und anhand der gewachsenen Weltbevölkerung, die von kooperativen Staaten vertreten wird, dann doch historisch. Ich meine hier vor allem das Bündnis gegen Putin, das Bündnis gegen die Umweltverschmutzung und die menschengemachte Klimakrise, das Bündnis gegen Armut und Ungerechtigkeit in sämtlichen Dimensionen.

Besonders zum Jahresende sind viele von uns zur Ruhe gekommen, auch wenn es vielleicht nicht immer ruhig war. Doch kaum jemand entrinnt den vielen Rückblicken (ich bekenne mich schuldig!), unterhalten uns an Silvester über die schönen und weniger schönen Dinge des Jahres, nehmen uns Dinge fürs kommende Jahr vor.

Und dann reflektieren wir.

Relativierung dank Reflexion

Den Jahreswechsel habe ich deshalb wieder intensiv genutzt, um ausführlich über die Lage der Nation sowie meine eigene, persönliche Situation zu reflektieren. Mit etwas mehr Abstand erscheinen die kleinen und großen Sorgen manchmal etwas weniger dramatisch; ins richtige Verhältnis gesetzt wirken selbst globale Bedrohungen plötzlich weniger furchteinflößend.

Nun las ich heute die Ergebnisse der oben erwähnten Forsa-Umfrage, die zu sehr ähnlichen Ergebnissen kam wie meine eigene Umfrage über Zukunftsangst, die seit letztem Sommer läuft. Die Kernerkenntnis: Mit Blick auf die gesellschaftliche Situation sowie die komplexen Probleme unserer Zeit blicken sehr viele Menschen eher oder sehr pessimistisch in die Zukunft. Die Einschätzung der persönlichen und beruflichen Situation ist das exakte Gegenteil.

Nach einigen Jahren der gefühlten Dauerkrise und zahlreichen Zoom-Konferenzen, in denen wir die Probleme der Welt im Großen und Kleinen diskutiert, seziert und das (Nicht-)Handeln der anderen kritisiert haben, ist mir persönlich die Lust am Nörgeln vergangen. Natürlich ist es einfach und angenehm, über das Schlechte in der Welt zu philosophieren, seinen mehr oder weniger durchdachten Senf der Debatte beizusteuern und zu fordern, dass sich etwas ändern muss.

Doch wenn alle sagen, jemand müsse mal etwas tun, tut am Ende niemand etwas.

Ich, gerade eben.

Das ist in etwa so trivial, aber fundamental wichtig, wie die Falschheit der allseits beliebten Floskel: Wenn jede:r an sich denkt, ist an jede:n gedacht. Also habe ich nachträglich einen Neujahrsvorsatz formuliert:

Dieses Jahr wird nicht mehr genörgelt!

Die Renaissance der Hoffnung

Wenn man von einigen wenigen absieht, blicken die Menschen wieder deutlich hoffnungsfroher ins nächste Jahr, wie unter anderem aus der Forsa-Umfrage hervorgeht. Das hat mich überhaupt nicht überrascht, eher gefreut. Zwar fehlt nach wie vor eine verbindende Vision, die allen gerecht werdende Mission und selbst für einen kleinsten, gemeinsamen Nenner fehlt aktuell die Zeit. Doch selbst diese Tatsache kann ich positiv deuten: Wir sind pluralistisch und alle haben eine Stimme. Kein Wunder, dass es keinen Konsens gibt!

Man muss erst hinfallen, um aufstehen zu können.

Vielleicht mussten wir erst ein Stück unserer Freiheiten sowie unseres Wohlstands temporär einbüßen, um genau diesen Lerneffekt, den wir sonst von Kleinkindern kennen, als Kollektiv zu erleben. Vielleicht liege ich falsch, doch möglicherweise liegt in diesem Momentum ein beispielloses Potenzial, auf das wir und unsere Nachkommen in ein paar Jahrzehnten stolz zurückblicken.

Mir fallen ad hoc tausende Gegenargumente ein, doch ich halte mich an meinen Vorsatz und lasse sie hier nicht zu Wort kommen. Außerdem lade ich Sie und euch herzlich dazu ein, es mir gleich zu tun. Was soll schon schiefgehen?

Die Neu(er)findung des Lösungsdenkens

Es gibt Menschen, die behaupten, es gäbe keine Probleme, sondern nur Herausforderungen. Das sehe ich anders: Es gibt durchaus Probleme, die man auch benennen muss, damit ein Bewusstsein entsteht, um sie lösen zu können. Ob nun Problem oder Herausforderung, ich komme nach viel Grübeln über meine und andere Umfragen zu folgendem Schluss:

Wir haben das Tal der Nörgelei verlassen und sind auf dem Weg der Besserung.

Dadurch werden die vielen Krisen, Kriege, Ungerechtigkeiten und Probleme der Welt nicht morgen verschwunden sein. Es braucht also nicht nur Geduld und Aktivismus, sondern mittelfristig auch ein gutes Gespür für die tatsächlichen Fortschritte.

Und genau dieses Gespür nehme ich mit ins junge Jahr. Ich freue mich auf inspirierende Gespräche und lösungsorientierte Projekte auf vielen Reisen, deren Zielort ich jetzt noch nicht kenne.

Ohne Nörgeln. Versprochen!

Zur Forsa-/RTL-Umfrage

Photo by Moritz Knöringer on Unsplash


Rückblick 2022 + Ausblick 2023

Ein aufregendes Jahr geht zuende. Einen professionellen Rückblick habe ich schon bei Linkedin geschrieben. Für meinen Podcast "Im Hier und Morgen" habe ich nun auch eine allgemeinere Ausgabe im Kolumnen-Stil verfasst. Die Audiospur ist ab dem 22.12.2022 um 4 Uhr morgens verfügbar, hier ist die Lesefassung mit mehr Hintergründen und steileren Thesen zur wirtschaftlichen Zukunft im Jahr 2023.

RÜCKBLICK 2022: Das Jahr der Doppelmoral

Dieses Jahr könnte man zusammenfassen mit den Kernthemen, zu denen ich am häufigsten von den Medien für Interviews angefragt wurde:

Ukraine-Krieg

Russlands Zar Wladimir der Putin hat das getan, was ich im letzten Jahresausblick (Spotify, Apple) angekündigt habe: er hat 100.000e seiner Soldaten in den Tod geschickt unter dem Vorwand, dort Nazis zu bekämpfen. Dass das Quatsch ist, wissen wir. Dass das vor den Menschengerichtshof und er in den Knast gehört, darin stimmen auch viele überein.

In verschiedenen Formaten wurde ich dazu befragt, was der Krieg mit uns in Europa und mit der Zukunftsforschung macht. Als Sozialwissenschaftler fand ich es spannend, die Doppelmoral in Diskussionen und auch die Ahnungslosigkeit in öffentlichen Debatten unter die Lupe zu nehmen. Dass der Angriffskrieg nur von der extremen Linken und Rechten zum Teil gerechtfertigt wird und wurde, verwundert nicht - das ist deren Rolle im Parlament und der Öffentlichkeit. Doch wie über Geflüchtete gesprochen wird, plötzlich diejenigen aus der Ukraine überwiegend gern aufgenommen wurden, jene aus Syrien oder Afghanistan regelmäßig abgewiesen wurden, macht mich wütend. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen - ich bin mir nicht sicher, ob das die durchschnittlich eher weiße, mittel- bis alte Talkshow-"Elite" überhaupt verstanden hat.

Die Zukunftsforschung wiederum sieht sich mal wieder bestätigt in ihrer Rolle der Kassandra: Wir warnen und regen dazu an, Maßnahmenpläne für den Fall X vorzubereiten, doch nichts passiert. Natürlich gab es im Verteidigungsministerium und bei der Bundeswehr die Überlegungen, doch mit Überlegungen allein verteidigt man noch kein Land oder Kontinent. Insofern habe ich mich sehr über die Veröffentlichung der Fraunhofer-Studie für die Bundesregierung über strategische Vorausschau an meinem Geburtstag gefreut. Langsam nimmt das Thema Fahrt auf und ich freue mich sehr, im Dunstkreis der akademischen Zukunftsforschung nah dran sein zu dürfen.

Wann der Ukraine-Krieg vorbei geht, steht in den Sternen. Darüber erlaube ich mir auch keine Prognose, das widerspricht den Grundsätzen der seriösen Zukunftsforschung. Klar ist, dass wir vor Ablauf der nächsten sechs Monate nicht einmal darüber nachdenken können, wann der Wiederaufbau der Ukraine anfangen kann. Ob dann alles ruhig ist, wage ich zu bezweifeln.

Klimawandel und Klimaproteste

Immer mehr Menschen spüren die Auswirkungen des Klimawandels, auch wenn Wetterextreme nicht immer unbedingt damit zusammenhängen müssen. Doch die höhere Frequenz und Intensität dieser Extreme bestätigt die schlimmsten Annahmen der Forschenden des Club of Rome Berichts vor genau 50 Jahren: Die Menschheit steuert sich selbst in eine Klimakatastrophe, das 1,5°-Grad-Ziel ist nicht mehr zu erreichen.

Entsprechend gibt’s auch immer mehr Proteste. Dazu war ich zum Beispiel im November live bei n-tv eingeladen, um die Aktionen der Klimakleber einzuordnen. Meine klare Aussage: Die inhaltlichen Punkte der "letzten Generation" teile ich ausdrücklich. Die Protestform wiederum ist gewöhnungsbedürftig, aber immerhin in der Regel ohne Gewalt an Menschen oder anderen Lebewesen. Der fingierte Fall einer verstorbenen Radfahrererin in Berlin während einer Klebe-Aktion war die Höhe der Doppelmoral, denn offensichtlich finden wir es okay, wenn Menschen von Lastwagen und anderen Fahrzeugen zu Tode gefahren werden - wenn aber dann ein Klimaprotest mutmaßlich zu einem verspäteten Eintreffen der Rettungskräfte beitragen, sind wir mal wieder wütend. Nur auf die Falschen!

In der ganzen Debatte wünsche ich mir - wie so oft - etwas mehr Fähigkeit zum Perspektivwechsel. Daran arbeite ich unermüdlich weiter...

Elon Musks Übernahme von Twitter

Völlig grundlos hat der damals noch reichste Mann der Welt, Elon Musk, für über 40 Mrd. Dollar den finanziell angeschlagenen Kurznachrichtendienst Twitter gekauft, in Windeseile kaputt gespielt und sucht nun einen Nachfolger. Wie man in so kurzer Zeit zum Gespött der Welt werden kann und gleichzeitig auch den Börsenwert des einzigen wirklich rentablen Unternehmens im Portfolio vernichten kann (aktuell über 40%), ist mir ein Rätsel.

Warum steht das bei den Top 3 Themen? Weil sich um die ganze Twitter-Tragödie herum gezeigt hat, wie einflussreich die "sozialen" Medien inzwischen geworden sind. US-Präsident Joe Biden lässt keinen Zweifel daran, dass die Vorgänge bei Twitter sehr genau beobachtet werden. Immerhin ist das Medium neben Facebook besonders in Schwellenländern nachweislich ein Katalysator für soziale Bewegungen und deshalb häufig gesperrt (wie beispielsweise in China), umgekehrt schlägt sich Meta (Facebooks Mutterkonzern) mit mehreren Klagen herum, die eine Mitschuld an Gewalttaten und Revolten, bis hin zum Sturm aufs US-Kapitol, unterstellen.

Das jüngere, dezentrale Netzwerk Mastodon könnte den Platz von Twitter einnehmen. Dieses basiert mehr auf den Grundgedanken das Web3, Heise.de hat darüber einen hilfreichen Artikel veröffentlicht. Eine Kernerkenntnis: Die Macht und auch der monetäre Gewinn wird nicht mehr zentralisiert in den Zentralen der großen Social Media-Firmen gebündelt, sondern dorthin verteilt, wo die User gehen. Mein Profil heißt Gondlach@mastodon.lol.

Dahinter liegt also eine größere Entwicklung, die viel über den Zustand des Silicon Valley aussagt. In der ausgehenden Pandemie haben einige Konzerne festgestellt, dass sie sich verzockt haben - andere, wie Meta und Microsoft, haben langfristig investiert und logischerweise geringere Gewinne angesichts der massiven Investitionen.


Globale Schlaglichter 2022

Aus globaler Sicht fehlen hier noch die Revolution im Iran, die Aggressionen aus China gegenüber Taiwan sowie das blutige Vorgehen gegen Lockdown-Proteste, die Wahlen in Brasilien und Italien, zwei neue internationale Bündnisse gegen EU und USA – nämlich rund um die OPEC-Staaten und das ASEAN-Bündnis. Ach, war eigentlich dieses Jahr diese Fußball-WM?

Nochmal für den deutschsprachigen Raum: Wir stritten über Corona-Maßnahmen, Gender-Wahnsinn, zu hohe Belastungen für Rentner:INNEN und kulturelle Aneignung – Fußnote: Dreadlocks gab es auch schon bei Wikingern, aber das nur nebenbei –, weiter stritten wir über angemessene Strafen für Klimaterrorist:innen mit Kartoffelbrei und eine beispiellose Razzia gegen Reichsbürger, die von einem echten Prinzen angeführt wurde.

Wir nörgelten über steigende Preise bei Aldi, Schimmelpilz in Pistazien, zu lasche Corona-Regeln, zu strenge Corona-Regeln, eine erfolgreichslose Ampel-Koalition, volle Züge und Busse zur Zeit des 9 Euro Tickets, zu viel Sonne im Sommer, zu viel Schnee im Dezember und vieles mehr. Dass das Gesundheitssystem im Eimer ist, ist nichts Neues, aber dieses Jahr dann leider auch für Kinder bestätigt.

Und lokal: Ich bin bei der Vorbereitung für diese Podcastfolge fast schrei-lachend vom Stuhl gekippt, als ich folgende Zeilen beim MDR las:

„'Oscar der Wissenschaft' und Nobelpreis: Sächsische Max-Planck-Institute räumen ab  … Mit dem DFB-Pokal hat RB Leipzig 2022 den ersten nationalen Fußball-Titel nach Sachsen gebracht –  die wohl noch wichtigeren Titel hat dieses Jahr aber das Max-Planck-Institut eingeheimst. Zunächst gab es für Prof. Svante Pääbo den Nobelpreis.“

MDR online

... der Vergleich hinkt, aber hey, man muss ja ein breites Publikum ansprechen.

Zukunftsangst ...

Im Jahr der Zeitenwende, wie es unser Oberschlumpf Olaf Scholz bezeichnet hat, habe ich aus Sicht der Zukunftsforschung paradoxe Strömungen wahrgenommen. Auf der einen Seite die Resignation und Zukunftsangst: NO FUTURE FOR YOU, NO FUTURE FOR ME!

... gegen Aufbruchstimmung!

Auf der anderen Seite eine Renaissance des Merkelschen „wir schaffen das“! Wir schaffen es, die Geflüchteten Familien aus der Ukraine aufzunehmen und zu versorgen. Wir schaffen es, den menschengemachten Klimawandel wenigstens etwas einzudämmen, sodass nicht das Worst Case Szenario eintritt – und damit meine ich nicht die COP27 in Ägypten, sondern die zahlreichen Initiativen, Startups, Aktivista und, ja, auch Gesetzgebung und kürzlich das kanadische Abkommen zum globalen Umweltschutz.

Über das Thema Zukunftsangst habe ich im Sommer 2022 eine Umfrage gestartet und ein interessantes Bild aufgedeckt: Im privaten und beruflichen Bereich ist die Mehrheit der Befragten eher oder sehr zuversichtlich, "nur" mit Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen steigt der Pessimismus. Meine Einschätzung ist, dass der Groschen gefallen ist und sich im nächsten Jahr eine deutlichere Richtung herauskristallisiert, wohin die Transformation unserer Systeme sich bewegen muss.


Ausblick 2023 mit Zwinkersmiley

Hier eine kleine subjektive Auswahl wichtiger Themen für das kommende Jahr:

  • Bürgergeld löst Hartz IV ab. Wie genau die ganze Aktion nicht im Chaos enden soll, konnten mir mehrere hochrangige Menschen in Arbeitsagenturen nicht sagen, aber hey, wir sind gespannt. Schlimmer kann’s kaum werden, also Kopf hoch, liebe Arbeitssuchende und Sozialschmarotzer:innen!
  • Für die nicht ganz so Geächteten gilt: die Midi-Job-Grenze wird von 1600 auf 2000 Euro angehoben und folgt damit dem Mini-Job, der ja seit Kurzem nicht mehr 450-Euro, sondern 520-Euro-Job heißt.
  • Das Lieferkettengesetz tritt in Kraft – man darf also jetzt als Unternehmen nicht mehr bewusst Sklaven beschäftigen, auch nicht die Zulieferer. Und ihre Chemieplörre dürfen die dann auch nicht mehr einfach so in den Fluss kippen, sondern müssen das endlich ordentlich verschleiern.
  • Einwegbecher und -geschirr gehört bald in die Geschichtsbücher, stattdessen werden sie wohl auch bald vom allseits beliebten Pfand-System abgelöst. Dass das der erste Schritt in eine echte Kreislaufwirtschaft sein könnte, in der der Kaffeebecher nicht mir gehört, sondern dem Café, werden viele Wutbürger:innen erstmal nicht verstehen.
  • Beim Kroatien-Urlaub können wir nun endlich die angesammelten Kuna zuhause lassen, denn: der Euro wird dort eingeführt. Wenn ich nicht selbst letztes Jahr dort gewesen wäre, hätte ich nicht gewusst, dass das heute noch nicht geht. Juhu.
  • Im Mai wird dann die neue Queen in Großbritannien gekrönt. Total fortschrittlich, sie ist nämlich ein Mann namens Charles III.
  • Im November schauen wir noch mehr als sonst nach Polen, denn dann wird dort ein neues Parlament gewählt, das möglicherweise einen weiteren Rechtsruck in Europa untermauern, oder aber verhindern könnte. Wobei sowas gerade für Polen eine andere Nummer ist, aber das ist eine andere Geschichte, die ein andermal erzählt werden soll.
  • Es stehen einige Ankündigungen in den Startlöchern, zum Beispiel gibt’s sicherlich ein neues iPhone, ein neues Google Pixel, ein paar neue Games, etwas mehr Furore im Metaverse und anderen virtuellen Welten. Die Liste der wahrscheinlichen Ereignisse ist zu lang für dieses Format, wichtiger ist: Es wird wieder viel passieren und darauf kann man sich einstellen. Über einiges werde ich bei GIGA.de Gastbeiträge wie den jüngst veröffentlichten über Zukunftsangst schreiben, aber das nur nebenbei.

Die wichtigsten Themen 2023

Mit Blick auf die globalen Herausforderungen und Krisenherde werden nächstes Jahr folgende Themen an Bedeutung gewinnen - in den Medien, in Unternehmen und der Gesellschaft:

Nachhaltigkeit: Vom Buzzword zu regenerativen Zukünften

Es gibt sie, die Ansätze für eine Lebens- und Organisationsweisen, um die Menschheit im Einklang mit dem Planeten zu navigieren. Die Art, wie wir konsumieren, wird sich ändern müssen; die Rohstoffe, die wir verbrauchen, werden immer stärker in Kreisläufen gedacht werden, denn von begrenzten Ressourcen auf Müllhalden haben wir alle nichts. Technologien können dabei helfen, leichtere Fahr- und Flugzeuge zu produzieren, die Treibstoffe könnten wenigstens etwas weniger umweltschädlich sein. Wir stecken in dem wohl größten Umschwung der Menschheit und alle müssen mitmachen. Ich verstehe das alles als Chance, nicht als Einbuße von Lebensqualität.

Der Diskurs rund um "Klimakleber" ist symptomatisch für jede Zeitenwende. Natürlich regt sich Widerstand gegen ausbleibende Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel, natürlich regt sich dann auch Widerstand der konservativen "ich will, dass alles so bleibt"-Mentalität durch alle Lager der Gesellschaft. Für Unternehmen bleibt allerdings keine Wahl: Durch das Lieferkettengesetz und immer schärfere ESG-Auflagen (ecological and social governance) müssen sie Emissionen sparen, sozialere Bedingungen ermöglichen und so ihren Beitrag zu einer lebenswerten Welt leisten. Auch an dieser Stelle wird sich schon bald die Spreu vom Weizen trennen - ein nennenswerter Anteil der Insolvenzen der kommenden Jahre dürfte infolge nicht erfüllter Nachhaltigkeitsziele geschehen.

Virtuelle Immersion: Vom Metavse-Flop zu sinnvoller Ergänzung der Realität

Warum gibt es immer noch Meetings, zu denen die Teilnehmenden quer durch die Republik reisen? Weil die Technik, die wir nutzen, noch nicht ausgereift ist! Zoom, Teams, Webex, Skype und all die anderen sind ja nette Ansätze. Doch 2D-Bildchen und oft schlechte Audioqualität reichen nicht aus, um die Immersion zu schaffen. Was mit den verschiedenen Metaverse-Ansätzen verfolgt wird, ist die komplette Verschmelzung von realer und virtueller Sphäre. So könnte mein Avatar in einem Meetingraum am Tisch mit anderen Avataren sitzen, über Messen schlendern oder eine Keynote halten. Das Ganze dann fotorealistisch und in Echtzeit. "Zoom 4.0" hat Stephan Bauer von Microsoft das in Podcast-Episode #087 (Apple, Spotify) genannt.

Anfang 2022 diskutierte ich mit dem damaligen NRW-Landesjustizminister über die Gefahren und Chancen virtueller Welten. Denn natürlich werden im Web3 nicht plötzlich alle Probleme des "social" web gelöst - Mobbing, Betrug, Hatespeech, Cyber-Kriminalität im Allgemeinen. Umso wichtiger ist es, dass wir uns damit auseinandersetzen. Auch oder gerade die Unternehmen! Im September riet ich beispielsweise einer Bank dazu, eine Filiale im Metaverse zu eröffnen, was belächelt wurde. Inzwischen sind die Dekabank und Deutsche Bank vor "Ort", der Pionier-Vorteil ist also vorbei. Aber vielleicht ist das ja in Ihrer Branche noch anders?

Dezentralisierte Arbeit: Vom Fachkräftemangel zu globaler Kollaboration

Inzwischen kann ich in der Debatte um den Fachkräftemangel nur noch zynisch reagieren. Wir haben kein Problem mit der Anzahl verfügbarer Arbeitskraft, sondern mit der Offenheit der Arbeitgeber! Es stimmt: Die Ansprüche der Beschäftigten sind im Vergleich zu 2019 enorm gewachsen und nein, das hat nichts mit der Schneeflocken-Generation Z zu tun. Das ist alles Unsinn und ich möchte davon abraten, bunte Vorträge und Bücher über Gen Z oder Alpha zu kaufen - dass das ein Mythos ist, wurde bspw. vom Soziologen Martin Schröder von der Uni Marburg ("Generationenmythos") fundiert untersucht.

Derweil sucht die Mehrheit der Arbeitgeber angeblich verzweifelt nach hochqualifiziertem Personal, akzeptiert oft aber nur Bewerbungen in deutscher Sprache. Am besten per Post und mit tabellarischem Lebenslauf. In Zeiten von Xing und Linkedin wirkt das nicht nur anachronistisch, sondern geht schlicht meilenweit am Thema vorbei - setzen, 6! So bekommen wir die Einwanderung nicht vernünftig kanalisiert, wenn die Wirtschaft nicht mitzieht und dabei mithilft, Integration in die deutsche Gesellschaft zu gestalten. Ja, das bedeutet Mehrausgaben der Personalentwicklung, möglicherweise längere Akklimatisierung zwischen Bestandspersonal und den neuen Fachkräften. Aber es wird sich lohnen.

Und wer noch den Blick über den Tellerrand wagen möchte, gewöhnt sich schon mal an den Gedanken, mit immer mehr Freelancern aus aller Welt zusammenzuarbeiten. Seit einigen Jahren vertrete ich die These, dass im Jahr 2030 bis zu 50 Prozent der Beschäftigten auch einer selbstständigen Tätigkeit nachgehen werden. Der Hauptjob wird zwar in Festanstellung bei 60-80 Prozent ablaufen, der dient aber nur der Grundversorgung, Miete, Sozialversicherungen etc. Den Rest der Zeit möchten die Menschen mit mehr Sinnhaftigkeit nachgehen und sich möglicherweise einen weiteren Urlaub oder andere Wünsche finanzieren. Für Arbeitgeber heißt das nichts anderes als die Notwendigkeit sehr viel fluiderer HR-Strukturen. Und wozu soll ich überhaupt davon ausgehen, dass die besten Programmierer:innen in Deutschland wohnen möchten, egal wo sie geboren wurden? Ist das die Arroganz der Deutschen als Gegenpol zur German Angst, die uns hier selbst im Wege steht?

Tja, das Fazit aus all diesen Beobachtungen ist simpel: Schon 2023 werden die ersten Arbeitgeber quer durch alle Sektoren und Branchen vom Markt verschwinden, die sich nicht den neuen Gegebenheiten anpassen können.


Zukunftsforscher-Wunschliste für 2023

Meine globalgalaktische Wunschliste für das nächste Jahr:

  • Der Ukraine-Krieg endet und Putin verschwindet von der Bildfläche, gelinde ausgedrückt. Die Menschen in der Ukraine können mit dem Wiederaufbau beginnen und das westliche Bündnis bleibt trotzdem stabil, aber auch offen.
  • Kernfusion kommt wieder einen guten Schritt voran, wichtiger aber der Ausbau von Photovoltaik und Windkraft – Grüße gehen auch raus an die Energiespeicher von JenaBatteries und anderen. Übrigens, schlagt doch mal der deutschen Bahn oder der katholischen Kirche vor, eure Energiespeicher unter ihre Flächen zu pflastern. Sind immerhin die größten Grundbesitzer hierzulande. Nur so ne Idee.
  • Überall, wo Wahlen anstehen, wünsche ich mir reihenweise Schlappen für extremistische Vollidiotenparteien. Immerhin ist die Welt mal wieder nicht untergegangen und die große Weltverschwörung hat sich wieder nicht als richtig erwiesen, das müssen die Leute doch langsam mal merken!

Zu guter Letzt wünsche ich allen, die das hier lesen, erholsame, besinnliche Feiertage. In diesem und auch jedem anderen Jahr. Auch wenn’s im Zusammentreffen von Familie und Angehörigen immer mal knallt, seid bitte gut zueinander und im Zweifel lieber mal tief Luft holen und das Thema wechseln.

Und dann: Auf in ein aufregendes, neues Jahr! Dafür wünsche ich Gesundheit, Glück und Erfolg – und alles, was ihr euch sonst noch wünscht.

PS: Wer noch ein hilfreiches Tool für die Reflexion des letzten und nächsten Jahrs sucht, dem empfehle ich den YearCompass - kostenlos als PDF zum selbst Ausfüllen am Rechner oder auch ausgedruckt.


Automatisierte Fake News: Wie schütze ich mich und meine Familie vor KI-generierter Desinformation?

Spätestens mit der Veröffentlichung von ChatGPT ist künstliche Intelligenz in der Gesellschaft angekommen: Das Sprachmodell erstellt automatisch echt wirkende Texte. Das ist fantastisch, aber auch gefährlich.

Die meisten von uns profitieren seit Jahren von künstlicher Intelligenz: Bessere Empfehlungen bei der Routenplanung, schnellere Abwicklung beim Online-Shopping oder immersive Endloswelten im Gaming. Meist haben wir es dabei mit maschinellem Lernen zu tun, welches auf wahnsinnig vielen Lerndaten basiert und weitgehend selbstständig neue Probleme auf dieser Grundlage lösen kann. Viele Anwendungszwecke in der Wirtschaft und Verwaltung befinden sich auch in dem Band "Arbeitswelt und KI 2030".

Inzwischen sind auch die KI-Sprachmodelle wie GPT-3 (Generative Pre-trained Transformer 3) sehr gut geworden. Vielleicht sogar zu gut? Einige KI-Texte lassen sich kaum oder gar nicht mehr von menschlichen Texten unterscheiden. Das wirft viele Fragen auf.

KI-Sprachmodelle: Pro und Contra

Einerseits ist das eine großartige Entwicklung: Die künstlichen Redaktions-Helferlein unterstützen Unternehmen bei standardisierten Anfragen im Kundendienst, schreiben Produkttexte oder Beiträge über das Wetter, Sportergebnisse und Horoskope. Sogar Computerspiele können so relativ einfach erstellt oder zumindest geskriptet werden, wie das Beispiel eines 11-jährigen Harry Potter Fans zeigt. Das spart viel Zeit und Geld, immer wenn wiederkehrende Muster genutzt werden können.

Andererseits birgt die Möglichkeit künstlicher Schreiberlinge das Risiko, dass Desinformation und Lügen in großem Stil verbreitet werden – weitgehend unreguliert und verfügbar für ein Milliardenpublikum. Denn die KI ist, anders als der Name suggeriert, nicht intelligent, sondern ein künstlicher Sklave menschlicher Eingabe. Im schlimmsten Fall sind die Ergebnisse diskriminierend und werden damit zur realen Bedrohung für uns alle.

Anstatt über diese Herausforderung lange zu philosophieren, habe ich deshalb die KI ChatGPT selbst befragt, wie wir am besten mit ihr umgehen können, ob wir die Klimakrise lösen und ob sie viele Jobs ersetzen wird.

Lest selbst im Interview, was sie zu ihrer Verteidigung zu sagen hat.

Interview mit ChatGPT: Wie schütze ich mich vor Fake News?

Kai: Warum ist GPT-3 so wichtig für unsere Zukunft?

ChatGPT: GPT-3, oder Generative Pretrained Transformer 3, ist ein modernes Sprachverarbeitungsmodell, das von OpenAI entwickelt wurde. Es wird als wichtig angesehen, weil es in der Lage ist, menschenähnlichen Text zu generieren und eine breite Palette von Aufgaben zur Verarbeitung natürlicher Sprache mit beeindruckender Genauigkeit auszuführen. Dies macht es zu einem wertvollen Werkzeug für eine Vielzahl von Anwendungen, von der Sprachübersetzung und -zusammenfassung bis hin zum maschinellen Lernen und zur künstlichen Intelligenz.

Wird die Menschheit die Klimakrise lösen?

Es ist schwierig, die Zukunft mit Sicherheit vorherzusagen, aber es ist klar, dass die Bewältigung der Klimakrise erhebliche Anstrengungen von Regierungen, Organisationen und Einzelpersonen auf der ganzen Welt erfordern wird. Die Maßnahmen, die wir in den kommenden Jahren ergreifen, werden entscheidend dafür sein, ob wir in der Lage sind, diese Krise erfolgreich zu bewältigen und die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels abzumildern. Es wird gemeinsamer Anstrengungen und der Bereitschaft bedürfen, schwierige Entscheidungen zu treffen, aber ich glaube, dass es der Menschheit möglich ist, zusammenzukommen und die notwendigen Schritte zur Bewältigung der Klimakrise zu unternehmen.

Wer muss sich bezüglich GPT-3 Sorgen um seinen Arbeitsplatz machen?

GPT-3 ist ein leistungsfähiges Werkzeug, das das Potenzial hat, viele Aufgaben zu automatisieren, die bisher von Menschen ausgeführt wurden. Wie bei jedem technologischen Fortschritt ist es möglich, dass der Einsatz des GPT-3 in bestimmten Branchen zu einem Verlust von Arbeitsplätzen führen könnte. So könnte das GPT-3 beispielsweise dazu verwendet werden, bestimmte Aspekte des Kundendienstes oder der Dateneingabe zu automatisieren, was sich möglicherweise auf die Beschäftigten in diesen Bereichen auswirken könnte. Es darf jedoch nicht vergessen werden, dass die Technologie auch das Potenzial hat, neue Arbeitsplätze und Branchen zu schaffen, und es ist wahrscheinlich, dass der Einsatz des GPT-3 auch zu neuen Möglichkeiten führen wird. Letztendlich wird die Auswirkung des GPT-3 auf den Arbeitsmarkt davon abhängen, wie es eingesetzt wird und wie sich Einzelpersonen und Unternehmen an seine Möglichkeiten anpassen.

Warum ist es so schwierig, Fake News zu erkennen?

Es gibt mehrere Gründe, warum es schwierig sein kann, Fake News zu erkennen. Ein Grund ist, dass Fake News oft irreführend oder sensationsheischend gestaltet sind, was sie ansprechender oder aufmerksamkeitsstärker machen kann als sachliche Nachrichten. Dies kann es den Menschen erschweren, die Informationen kritisch zu bewerten und zu erkennen, dass sie falsch sind. Darüber hinaus sind Fake News oft so gestaltet, dass sie wie seriöse Nachrichten aussehen und sich auch so anhören, so dass es selbst für diejenigen, die sich bemühen, wachsam zu sein, schwierig sein kann, sie von echten Nachrichten zu unterscheiden. Schließlich kann die rasche Verbreitung von Fake News in den sozialen Medien und auf anderen Online-Plattformen es den Menschen erschweren, die neuesten Entwicklungen zu verfolgen und sicherzustellen, dass sie ihre Informationen aus zuverlässigen Quellen beziehen.

Warum sind automatisierte Textroboter wie GPT3 wichtig für die europäische Wirtschaft und Gesellschaft?

Automatisierte Textroboter wie GPT-3 sind aus mehreren Gründen wichtig für die europäische Wirtschaft und Gesellschaft.

Ein Grund ist, dass diese Bots dazu beitragen können, viele mühsame und zeitaufwändige Aufgaben zu automatisieren, die derzeit von Menschen ausgeführt werden. So können GPT-3 zum Beispiel automatisch Antworten auf Kundenanfragen generieren, große Textmengen zusammenfassen oder Dokumente in verschiedene Sprachen übersetzen. Dadurch können Unternehmen und Organisationen Zeit und Ressourcen sparen und effizienter und effektiver arbeiten.

Ein weiterer Grund ist, dass der Einsatz von automatisierten Textbots wie GPT-3 dazu beitragen kann, die Qualität und Genauigkeit der erstellten Texte zu verbessern. So kann GPT-3 beispielsweise auf große Mengen hochwertiger Texte trainiert werden, um grammatikalisch korrekte und kohärente Ausgaben zu produzieren. Dies kann besonders bei Aufgaben wie der Sprachübersetzung nützlich sein, bei denen es auf Genauigkeit ankommt.

Schließlich kann der Einsatz von automatisierten Textrobotern wie GPT-3 die Entwicklung neuer Technologien und Branchen unterstützen. GPT-3 kann beispielsweise als Baustein für andere Systeme der künstlichen Intelligenz, wie Chatbots oder virtuelle Assistenten, verwendet werden. Dies kann dazu beitragen, Innovationen voranzutreiben und neue Beschäftigungsmöglichkeiten im Technologiesektor zu schaffen.

Insgesamt hat der Einsatz von automatisierten Textbots wie GPT-3 das Potenzial, der Wirtschaft und Gesellschaft viele Vorteile zu bringen. Durch die Automatisierung mühsamer Aufgaben, die Verbesserung der Textqualität und die Unterstützung der Entwicklung neuer Technologien kann GPT-3 dazu beitragen, Unternehmen effizienter und effektiver zu machen und Innovation und Wirtschaftswachstum zu fördern.

Aber sind Sie nicht auch der Meinung, dass die automatische Texterstellung gefährlich sein kann?

Die automatische Texterstellung hat zwar viele potenzielle Vorteile, kann aber auch gefährlich sein, wenn sie nicht sorgfältig eingesetzt wird. Eine der Hauptgefahren der automatischen Texterstellung besteht darin, dass sie zu ungenauen oder irreführenden Ergebnissen führen kann. Wenn zum Beispiel ein Sprachmodell wie GPT-3 auf voreingenommenen oder unzuverlässigen Daten trainiert wird, kann es Ausgaben erzeugen, die diese Voreingenommenheit widerspiegeln. Dies kann schwerwiegende Folgen haben, wenn die Ergebnisse zur Entscheidungsfindung oder zur Information der Öffentlichkeit verwendet werden.

Eine weitere potenzielle Gefahr besteht darin, dass die automatische Texterstellung zur Erstellung von Fake News oder anderen Formen von Fehlinformationen genutzt werden kann. Da diese Systeme Texte produzieren können, die nur schwer von von Menschen geschriebenen Texten zu unterscheiden sind, können sie dazu verwendet werden, falsche oder irreführende Inhalte zu erstellen, die darauf abzielen, Menschen zu täuschen. Dies kann negative Folgen für den Einzelnen und die Gesellschaft als Ganzes haben, da das Vertrauen in die Medien und andere Informationsquellen untergraben werden kann.

Auch wenn die automatische Texterstellung viele potenzielle Vorteile bietet, ist es wichtig, diese Werkzeuge verantwortungsvoll und sorgfältig einzusetzen, um potenzielle Gefahren zu vermeiden. Dazu gehört die sorgfältige Auswahl der Daten, die zum Trainieren der Modelle verwendet werden, die Anwendung geeigneter Schutzmaßnahmen, um die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Ergebnisse sicherzustellen, und die Wachsamkeit gegenüber Anzeichen von Fehlinformationen oder anderen Gefahren.

Wenn man also GPT-3 und andere KI-Chatbots verwendet, sollte man auch dafür sorgen, dass die Ergebnisse nicht vor der Bearbeitung veröffentlicht werden?

Es ist immer wichtig, Texte, die von GPT-3 oder anderen KI-Chatbots erzeugt werden, vor der Veröffentlichung sorgfältig zu überprüfen und zu bearbeiten. Wie bereits erwähnt, sind diese Systeme nur so gut wie die Daten, mit denen sie trainiert wurden, und sie können ungenaue oder verzerrte Ergebnisse produzieren, wenn die Trainingsdaten nicht sorgfältig ausgewählt wurden. Darüber hinaus können diese Systeme manchmal grammatikalisch inkorrekte oder schwer verständliche Ergebnisse liefern, so dass es wichtig ist, die Ergebnisse vor der Veröffentlichung sorgfältig zu überprüfen und gegebenenfalls zu ändern.

Generell ist es immer ratsam, Texte, die von KI-Chatbots generiert werden, mit dem gleichen Maß an Skepsis und kritischem Denken zu betrachten wie jede andere Informationsquelle. Das bedeutet, dass Sie den Inhalt sorgfältig prüfen, um sicherzustellen, dass er korrekt und zuverlässig ist, und dass Sie bereit sind, vor der Veröffentlichung alle notwendigen Änderungen oder Korrekturen vorzunehmen. Mit diesen Schritten können Sie dazu beitragen, dass die von GPT-3 und anderen KI-Chatbots erzeugten Inhalte nützlich, genau und wertvoll sind.

Was kann ich tun, um zu verhindern, dass ich oder meine Familie durch Fake News betrogen werden?

Es gibt mehrere Maßnahmen, mit denen Sie sich und Ihre Familie davor schützen können, durch Fake News betrogen zu werden. Hier sind ein paar Vorschläge:

  • Seien Sie skeptisch bei sensationellen Schlagzeilen oder Geschichten, die zu gut (oder zu schlecht) erscheinen, um wahr zu sein. Dies sind oft Anzeichen für gefälschte Nachrichten.
  • Überprüfen Sie die Quelle der Nachricht. Handelt es sich um eine seriöse Nachrichtenorganisation? Enthält der Artikel Quellen und Beweise, die seine Behauptungen untermauern?
  • Suchen Sie nach anderen Quellen, die die Informationen bestätigen. Wenn die Nachricht wahr ist, sollten Sie in der Lage sein, mehrere Quellen zu finden, die ähnliche Informationen liefern.
  • Seien Sie vorsichtig beim Teilen von Nachrichten in sozialen Medien. Das Teilen von gefälschten Nachrichten kann zu deren Verbreitung beitragen, daher ist es wichtig, die Informationen zu überprüfen, bevor Sie sie weitergeben.
  • Sprechen Sie mit Ihrer Familie und Ihren Freunden über die Bedeutung von kritischem Denken und Skepsis, wenn es um Nachrichten und Informationen geht. Ermutigen Sie sie, bei der Bewertung der Nachrichten, die sie erhalten, vorsichtig und wachsam zu sein.

Der beste Weg, sich und Ihre Familie vor Fake News zu schützen, besteht darin, die Informationen, die Sie erhalten, kritisch und skeptisch zu betrachten und sie anhand mehrerer Quellen zu überprüfen, bevor Sie sie als wahr akzeptieren. Auf diese Weise können Sie sicherstellen, dass Sie nicht durch falsche oder irreführende Informationen in die Irre geführt werden.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Gern geschehen! Es war mir ein Vergnügen, Ihnen zu helfen. Wenn Sie weitere Fragen haben, können Sie mich gerne fragen. Ich bin gerne für Sie da.

Das Gespräch führte der Zukunftsforscher Kai Gondlach mit der kostenlosen Chat-KI ChatGPT auf https://chat.openai.com/chat. Übersetzt hat es eine andere KI bei DeepL. ChatGPT spricht / schreibt übrigens auch Deutsch. Photo by Jorge Franganillo on Unsplash.